REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung für Beförderung
Leitsatz (amtlich)
1. Durch § 5 Ziff. 3 Abs. 2 BRTV für gewerbliche Arbeitnehmer des Baugewerbes ist dem Grunde nach eine Pflicht zur Vergütung der Beförderungszeiten festgelegt. Lediglich die Art. und Höhe der Vergütung unterliegen der einzelvertraglichen Vereinbarung.
2. Fehlt eine einzelvertragliche Vereinbarung über die Höhe der Vergütung, sind die §§ 315, 316 BGB anzuwenden. Der AN kann die Bestimmung der Höhe auch durch Klagerhebung ausführen, soweit dies der Billigkeit entspricht (im Anschluß an BAG, Urt. v. 20.09.1989 – 4 AZR 282/89 –).
3. Mangels abweichender Vereinbarung widerspricht eine Vergütung in Höhe des Gesamttarifstundenlohns abzüglich des Anteils der Bauzulage, der aus witterungsbedingten Gründen gezahlt wird, nicht der Billigkeit.
4. Auch das Bestimmungsrecht gem. § 316 BGB ist ein Anspruch i. S. von § 16 Nr. 1 BRTV für gewerbliche Arbeitnehmer des Baugewerbes.
Normenkette
BRTV gewerbliche Arbeitnehmer Baugewerbe § 5 Ziff. 3 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Urteil vom 21.09.1989; Aktenzeichen 2 Ca 1181/89) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger zu 1) und 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.09.1989 – 2 Ca 1181/89 – teilweise geändert und wie folgt gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1) und 2) jeweils 632,49 DM brutto, jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 28.06.1989 auf den sich ergebenden Nettobetrag zu zahlen.
Die weitergehenden Klagen werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1) zu 4/8, der Kläger zu 2) und die Beklagte jeweils zu 2/8.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.560,– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Kläger fordern Vergütung für die Beförderung von Arbeitnehmern zur Bau- oder Arbeitsstelle.
Die Kläger waren als Zimmerleute für einen tariflichen Gesamtstundenlohn von 17,37 DM bei der Beklagten beschäftigt. Sie haben im Wechsel außerhalb der Arbeitszeit Fahrten zur Beförderung von Arbeitnehmern zur Bau- oder Arbeitsstelle und zurück mit einem von der Beklagten gestellten Fahrzeug ausgeführt. Auf die Beschäftigungsverhältnisse war der Bundes-Rahmentarifvertrag für das Baugewerbe in der Fassung vom 29. April 1988 (BRTV) maßgeblich. § 5 Ziff. 3 Abs. 2 BRTV lautet:
„Übernimmt der Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit mit einem vom Arbeitgeber gestellten Fahrzeug die Beförderung von Arbeitnehmern zur Bau- oder Arbeitsstelle des Betriebes (Hin- und/oder Rückfahrt), so ist die Vergütung für diese Tätigkeit einzelvertraglich zu regeln.”
§ 16 BRTV lautet:
1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
2. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen ab Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder nach dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
Am 15. Juni 1988 sprachen der Betriebsrat und der Geschäftsführer der Beklagten im Rahmen einer Betriebsratssitzung allgemein über … die Frage, ob die Beklagte eine Vergütung für Kolonnenbusfahrer in Betracht ziehen wolle. In diesem Zusammenhang sind Namen von Arbeitnehmern nicht gefallen. Der Geschäftsführer der Beklagten lehnte das ab. Der Betriebsrat teilte dies den Klägern mit und erklärte, er wolle aber mit dem Geschäftsführer weiter verhandeln.
Der Kläger zu 1.) macht seine Forderungen für die Zeit von April 1988 bis Januar 1989 mit Schreiben vom 28. Februar 1989 (Kopie Bl. 4/5 d. A.) und der Kläger zu 2) mit Schreiben vom 2. März 1989 (Kopie Bl. 4/5 d. Beiakte 2 Ca 1182/89) geltend.
Die Beklagte antwortete auf beide Schreiben ihrerseits mit Schreiben vom 10. März 1989 (Kopie Bl. 24 d. A.):
„… wir erkennen einen Anspruch auf Vergütung gemäß § 5 Abs. 3 BRTV nicht in der geforderten Höhe (Gesamttarifstundenlohn) an.
Ein eventueller Anspruch auf Vergütung bestünde bei den o.g. Arbeitnehmern nach § 16 BRTV (Ausschlußfristen) erst ab Dezember 1988.
Ob überhaupt Anspruch auf eine Vergütung besteht und wenn, in welcher Höhe, bleibt noch zu klären.
Wir laden Sie herzlich zu einem diesbezüglichen Gespräch in unserem Hause ein.”
In einem Telefongespräch am 8. Mai 1989 erklärte der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber dem für die Kläger auftretenden Gewerkschaftssekretär M., bis zu einer Regelung der Streitfrage hinsichtlich zukünftig entstehender Ansprüche auf deren fristgerechte schriftliche Geltendmachung verzichten zu wollen.
Die Kläger haben am 22. Juni 1989 Zahlungsklage erhoben.
Sie haben vorgetragen:
Ihr Anspruch auf Vergütung der Fahrertätigkeit ergebe sich aus § 5 Ziff. 3 Abs. 2 BRTV. Es habe zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsleitung auch nach dem 15. Juni 1988 noch Gespräche über die Vergütung von Fahrertätigkeit gegeben. Der Betrieb...