Entscheidungsstichwort (Thema)

Schichtarbeit. Zulagenpauschale. Teilzeitbeschäftigung. anteilige Kürzung. Diskriminierungsverbot. Zulagenpauschale für Schichtarbeit bei Teilzeitarbeit nach dem TVöD

 

Leitsatz (amtlich)

1. Teilzeitbeschäftigte, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem TVöD richtet und die ständig im Schichtdienst eingesetzt sind, haben Anspruch auf die volle Zulagenpauschale nach § 8 Abs. 6 S. 1 TVöD. Eine dem Umfang der Teilzeitbeschäftigung entsprechende Kürzung der Zulagenpauschale führt zu einer nach § 4 Abs. 1 TzBfG verbotenen Ungleichbehandlung von teilzeitbeschäftigten gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gerade wegen der Teilzeitbeschäftigung.

2. Anspruchsvoraussetzung für die volle Zulagenpauschale ist allein, dass der Beschäftigte „ständig Schichtarbeit” leistet. Sachliche Gründe, die eine anteilige Kürzung der Zulagenpauschale bei Teilzeitarbeit nach § 4 Abs. 1 TzBfG rechtfertigten, lassen sich der Tarifnorm selbst nicht entnehmen. Insbesondere stellt § 8 Abs. 6 S. 1 TVöD nicht auf mögliche Belastungsunterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten, die sich aus der ständigen Schichtarbeit ergeben, ab.

 

Normenkette

TVöD § 8 Abs. 1, § 24 Abs. 2, § 7 Abs. 1-2; TzBfG § 4 Abs. 1; BAT § 33 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Kiel (Urteil vom 02.11.2006; Aktenzeichen öD 5 Ca 1374 b/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Kiel vom 2. November 2006, Az.: öD 5 Ca 1374 b/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob der teilzeitbeschäftigten Klägerin die Schichtzulage nach § 8 Abs. 6 TVöD in voller Höhe zusteht.

Die 25-jährige Klägerin ist seit 2002 bei dem Beklagten als Rettungsassistentin in ständiger Schichtarbeit beschäftigt. Seit 2004 arbeitet sie in Teilzeit, insgesamt 20 Stunden wöchentlich. Davon entfallen ca. 4 Stunden auf Bereitschaftsdienstzeiten.

Unter Geltung des BAT erhielt die Klägerin die volle Schichtzulage von EUR 40,00. Dem lag die Vorschrift des § 33 a BAT zugrunde. Diese lautete:

§ 33 a BAT

(1) Der Angestellte, der ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8 Unterabschnitt 6 Satz 2 BAT) vorsieht, und der dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in den dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschichten leistet, erhält eine Wechselschichtzulage von 102,26 EUR monatlich.

(2) Der Angestellte, der ständig Schichtarbeit (§ 15 Abs. 8 Unterabschnitt 7 BAT) zu leisten hat, erhält eine Schichtzulage, wenn

  1. er nur deshalb die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllt,

    aa) weil nach dem Schichtplan eine Unterbrechung der Arbeit am Wochenende von höchstens 48 Stunden vorgesehen ist, oder

    bb) weil er durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht nur in sieben Wochen leistet,

  2. die Schichtarbeit innerhalb einer Zeitspanne von mindestens

    aa) 18 Stunden

    bb) 13 Stunden

geleistet wird.”

Mit Urteil vom 23.06.1993 – 10 AZR 127/92 – entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Schicht- und Wechselschichtzulagen nach dieser Tarifnorm bzw. der gleichlautenden Vorgängernorm Nr. 8 SR 2 a BAT bei Teilzeitbeschäftigten nicht nach § 34 Abs. 2 BAT gekürzt werden könnten, weil eine anteilige Kürzung gegen das Diskriminierungsverbot des § 2 BeschFG (heute § 4 TzBfG) verstoße. Daraufhin empfahlen die TdL (Rundschreiben der Geschäftsstelle vom 3.1.1994 – 3-01-33 a/4-01-29 a/3/93 – D/2 –), der VKA (Rundschreiben der Geschäftsstelle vom 27.01.1994 – R29/94) sowie das Bundesministerium für Inneres (Rundschreiben vom 31.01.1994 – D III 1 – 220 219-4/2 –), die Wechsel- bzw. Schichtzulagen nach §§ 33 a Abs. 1 u. 2 BAT an teilzeitbeschäftigte Angestellte in voller Höhe zu zahlen, sofern die übrigen tariflichen Voraussetzungen vorlägen. Dieser Empfehlung entsprach der beklagte Kreis bis einschließlich September 2005, sodass auch die Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt die Schichtzulage in voller Höhe erhielt. Mit Einführung des den BAT ablösenden TVöD, d. h. ab Oktober 2005 zahlt der Beklagte an die Klägerin nur noch eine anteilige, ihrer wöchentlichen Arbeitsleistung entsprechende Schichtzulage in Höhe von EUR 16,67 brutto monatlich.

Der TVöD enthält hierzu – soweit hier von Belang – folgende Regelungen:

§ 8 TVöD

(6) Beschäftigte, die ständige Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage von 40 EUR monatlich. Beschäftigte, die nicht ständige Schichtarbeit leisten, erhalten eine Schichtzulage von 0,24 EUR pro Stunde.

§ 7 TVöD

(2) Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel des Beginns der täglichen Arbeitszeit um mindestens zwei Stunden in Zeitabständen von längstens einem Monat vorsieht, und die innerhalb einer Zeitspanne von 13 Stunden geleistet wird.

§ 24 TVöD

(2) Soweit tarifvertraglich nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist, erhal...

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