Keine anteilige Kürzung der Corona-Sonderzahlung bei Altersteilzeit im TV-L
Eine beim Land angestellte Grundschullehrerin, deren Arbeitsverhältnis sich nach dem TV-L bestimmt, befand sich vom 1.2.2020 bis zum 31.7.2022 in der Ansparphase der Altersteilzeit nach dem Blockmodell. Während dieser Zeit arbeitete sie weiterhin im Umfang von 23 Wochenstunden, bekam jedoch nur das anteilige (hälftige) Entgelt für 11,5 Wochenstunden ausbezahlt. Für den Zeitraum vom 1.8.2022 bis 31.1.2025 wurde die völlige Freistellung von der Arbeitsverpflichtung bei Fortzahlung des anteiligen Entgelts für 11,5 Wochenstunden vereinbart.
Nach dem TV Corona-Sonderzahlung vom 29.11.2021 stand der Arbeitnehmerin zum 31.3.2022 eine Corona-Sonderzahlung zu. Bei einem vollen Deputat von 28 Wochenstunden hätte die Höhe 1.300 EUR betragen, bei einem Teildeputat von 23 Wochenstunden anteilig 1.067,82 EUR. Das Land kürzte die Sonderzahlung jedoch auf Grund der vereinbarten Altersteilzeitregelung nochmals um die Hälfte und zahlte nur 533,91 EUR für die durchschnittlich zu vergütenden 11,5 Wochenstunden aus.
Nur entsprechende Anwendung des § 24 Abs. 2 TV-L
In § 2 Abs. 2 TV Corona-Sonderzahlung wurde zur Höhe des Anspruchs geregelt, dass § 24 Abs. 2 TV-L entsprechend gilt. Nach § 24 Abs. 2 TV-L erhalten Teilzeitbeschäftigte die Entgeltbestandteile "in dem Umfang, der dem Anteil ihrer individuell vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit an der regelmäßigen Arbeitszeit vergleichbarer Vollzeitbeschäftigter entspricht."
Das LAG betonte jedoch, dass eine "entsprechende" nicht mit der "unmittelbaren" Anwendung gleichzusetzen ist. Stattdessen ist aus Sicht des LAG eine abweichende Auslegung der Tarifnorm geboten, um zu einer sachgerechten sowie zweckorientierten Lösung zu gelangen. Bei der Altersteilzeit im Blockmodell fallen die vereinbarte individuelle Arbeitszeit und das tatsächlich verdiente Entgelt atypisch auseinander: Die Arbeitnehmerin hatte zwar über den gesamten Zeitraum der Anspar- und Freistellungsphase hinweg betrachtet nur durchschnittlich 11,5 Wochenstunden zu leisten. Dabei verdiente sie das Entgelt jedoch in doppelter Höhe allein während der Ansparphase, in der sie weiterhin 23 Wochenstunden arbeitete. Das heißt, dass die Arbeitnehmerin zu dem für die Corona-Sonderzahlung maßgeblichen Stichtag (29.11.2021) einerseits Vergütung für 11,5 Stunden und darüber hinaus ein Arbeitszeitguthaben für die Freistellungphase von weiteren 11,5 Stunden pro Woche erhielt. Diesem Umstand muss eine Auslegung der Tarifnorm nach Auffassung des LAG hinreichend Rechnung tragen, um nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 1 TzBfG gegenüber Teilzeitbeschäftigten zu verstoßen.
Durchschnittlich verdientes Arbeitsentgelt zum Stichtag maßgeblich
Infolge der in diesem Fall abweichenden Auslegung des § 24 Abs. 2 TV-L stellt das LAG nicht auf die durchschnittliche individuelle Arbeitszeit, sondern auf das durchschnittliche individuell verdiente Arbeitsentgelt im Verhältnis zu dem Entgelt eines im Übrigen vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten ab. Dies erfolgt auf Basis der regelmäßigen Arbeitszeit zum Stichtag. Danach stand der Arbeitnehmerin zum Stichtag ein Anspruch auf Arbeitsentgelt im Umfang von 23 Wochenstunden zu: Zu berücksichtigen ist neben dem unmittelbar ausbezahlten Entgeltanteil nämlich auch der erst in der Freistellungsphase fällige Entgeltanteil, der vorübergehend dem Arbeitszeitguthaben zugerechnet wird.
Fälligkeit insgesamt zum Stichtag 31.3.2022
Das LAG entschied zudem, dass hinsichtlich der Sonderzahlung keine hälftige Übertragung in die spätere Freistellungsphase stattfindet, sondern der Anspruch in voller Höhe zum 31.3.2022 fällig geworden ist. Denn § 2 Abs. 1 TV Corona-Sonderzahlung sieht die Auszahlung bis zu diesem Stichtag vor und die Sonderzahlung war zudem nur bei einem Zufluss bis zu diesem Tag steuerlich privilegiert. Eine Überführung der hälftigen Sonderzahlung in die Freistellungsphase stellt nach Auffassung des LAG daher keine Erfüllung des Anspruchs dar und genügt nicht.
Darüber hinaus ließ das LAG ausdrücklich offen, ob und inwieweit es die aktuelle Entscheidung des BAG zur Sonderzahlung in der Freistellungsphase der Altersteilzeit im TVöD/VKA auf den vorliegenden Fall für übertragbar hält, zumal die BAG-Entscheidung keine explizite Aussage über einen Anspruch während der Ansparphase treffe und die Tarifvertragsparteien nicht gehindert seien, Leistungen zusätzlich zum Wertguthaben vorzusehen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
(LAG Hamm, Urteil v. 5.12.2023, 6 Sa 81/23)
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