Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellung. Arbeitnehmer. Verblockung. Weiterbildung. Bildungsfreistellung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Bezug zum jeweiligen Bildungsziel und damit die Art. der Bildungsveranstaltung läßt sich nur vom konkreten Teilnehmerin teresse ableiten. Eine Bildungsveranstaltung dient der beruflichen Weiterbildung, wenn der Arbeitnehmer durch den Besuch der Veranstaltung so entwickelt oder gefördert wird, daß für den Arbeitgeber ein greifbarer Vorteil verbunden ist.
2. Die Belastung des Arbeitgebers mit den Kosten der Freistellung eines Arbeitnehmers nach dem BFQG erscheint dann nicht verfassungswidrig, wenn der Arbeitnehmer eine solche Veranstaltung der beruflichen Weiterbildung besucht.
3. Will ein Arbeitnehmer den Freistellungsanspruch – gem. BFQG – des laufenden Kalenderjahres in das nächste Jahr wirksam übertragen – verblocken –, muß er vor Ablauf des Kalenderjahres dem Arbeitgeber eine Verblockungsmitteilung abgeben, in der er die Bildungsveranstaltung, an der er im nächsten Kalenderjahr teilnehmen will, im einzelnen bezeichnen und deren Dauer nennen und die Notwendigkeit der Zusammenfassung der Freistellungsansprüche erläutern muß. Unterläßt der Beschäftigte diese Mitteilung, findet die Verblockung nicht statt. Der Anspruch auf Freistellung des laufenden Jahres erlischt mit dem Ende des Kalenderjahres.
Normenkette
GG Art. 12; BFQG § 3 Schleswig-Holstein, § 6 Schleswig-Holstein, § 7 Schleswig-Holstein, § 12 Schleswig-Holstein
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 16.11.1993; Aktenzeichen 3b Ca 1015/93) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet war, den Kläger in der Zeit vom 29.11.1993 bis 03.12.1993 zum Zwecke der Teilnahme an der Veranstaltung „Grundlage für Datenverarbeitung am Arbeitsplatz” freizustellen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen jede Partei 1/2.
Tatbestand
Die Parteien haben zunächst darüber gestritten, ob die Beklagte verpflichtet war, den Kläger im Jahre 1993 für zehn Arbeitstage nach dem Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz Schleswig-Holstein zum Zwecke der Teilnahme an einer Bildungsveranstaltung – Veranstaltungszeitpunkt: Dezember 1993 – von der Arbeitsleistung freizustellen. Nach der zwischenzeitlichen Teilnahme des Klägers an der im Streit stehenden Veranstaltung hat der Kläger in der Berufungsinstanz seinen Antrag dahin umgestellt, daß er Feststellung begehrt, daß die Beklagte verpflichtet gewesen sei, ihn für den Zeitraum, in dem er an der in Frage stehenden Veranstaltung teilgenommen hatte, von der Arbeit freizustellen.
Der bei der Beklagten seit 1961 als Repronik-Operator beschäftigte Kläger, z.Zt. freigestelltes Betriebsratsmitglied, stellte bei der Beklagten unter dem 07.12.1992 den „Antrag auf Verblockung des Bildungsurlaubs 1992/93” und begründete ihn damit: Er wolle 1993 ein zweiwöchiges Seminar besuchen; da entsprechende Seminartermine für 1993 jedoch noch nicht vorlägen, könne er z.Zt. noch keine genaueren Angaben machen. Um sich aber grundsätzlich die Möglichkeit offenzuhalten, mit dem Anspruch aus 1992 so verfahren zu können, bäte er um Stellungnahme. Die Beklagte gab dem Kläger mit Schreiben vom 08.12.1992 auf, ihr bis zum 31.12.1992 die konkrete Veranstaltung und den genauen Termin bekanntzugeben, für den er den verblockten Bildungsurlaub beantrage. Die bloße Absichtserklärung auf Verblockung des Bildungsurlaubs genüge leider nicht den gesetzlichen Ansprüchen. Der Kläger entgegnete unter dem 29.12.1992, daß er ihr bis zum 31.12.1992 leider keine konkreten Angaben machen könne, da entsprechende Angebote erst Anfang 1993 zu erwarten seien.
Das für die Anerkennung der Veranstaltungen nach dem Bildungsfreistellungs- und Qualifizierungsgesetz Schleswig-Holstein nunmehr zuständige Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport des Landes Schleswig-Holstein erstellte halbjährlich, so auch im Jahre 1992, das amtliche „Anerkennungs-Verzeichnis”, in dem sämtliche anerkannten Veranstaltungen aufgeführt worden waren. Unter den Veranstaltungen des „Anerkennungs-Verzeichnisses 1992/2.” findet sich eine erhebliche Anzahl sog. verblockter Veranstaltungen, d. h. solcher Veranstaltungen, die von vornherein auf die Dauer von zwei Wochen zugeschnitten sind und die vom Ministerium auch schon für das Jahr 1993 und 1994 als verblockte Veranstaltungen genehmigt worden waren.
Der Kläger teilte der Beklagten unter dem 05.04.1993 mit, daß er in der Zeit vom 29.11.1993 bis 10.12.1993 an einem Kurs des ÜAZ Elmshorn/Itzehoe „Grundlagen für Datenverarbeitung am Arbeitsplatz” teilnehmen wolle. Eine gleichartige Veranstaltung war im Anerkennungs-Verzeichnis 1992/2. als verblockte Veranstaltung des Vereins zur Förderung des überbetrieblichen Ausbildungszentrums Elmshorn e.V. mit dem Thema „Grundlagen für Datenverarbeitung am Arbeitsplatz – IHK-Zertifikatslehr...