Revision / Rechtsbeschwerde / Revisionsbeschwerde zugelassen nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweiswert ausländischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Kündigung ist aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, wenn der dringende Verdacht besteht, daß Arbeitnehmer den Arzt in unredlicher Art. beeinflußt hat, eine Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. Ein derartiger Verdacht besteht regelmäßig dann, wenn ausländische Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mitteilen, in ihrem Heimatland während des Heimaturlaubs oder in unmittelbarem Anschluß an den Heimaturlaub dort erkrankt zu sein und es sich bei der Mitteilung um einen Wiederholungsfall handelt. Eine im Ausland ausgestellte ärztliche oder behördliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat dann keinerlei Beweiswert.

 

Normenkette

KSchG § 1 II; LFZG § 1 Abs. I

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Aktenzeichen 3a Ca 1851/82)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung im übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn – 3a Ca 1851/82 – teilweise abgeändert und ingesamt dahin neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Nettobetrag aus 1.552,50 DM brutto nebst 4 v. H. Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 21.12.1982 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 1/11 und der Kläger 10/11.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten und um Entgeltforderungen des Klägers.

Der Kläger, ein 35 Jahre alter Jugoslawe, wurde vom Juni 1974 an bei der Beklagten als Busfahrer zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von zuletzt 3.500,– DM beschäftigt. Der Kläger hatte in jedem der auf das Einstellungsjahr folgenden Beschäftigungsjahre bei der Beklagten durchschnittlich 3 Fehlzeiträume, für die er ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegte. Das Schwergewicht seiner Abwesenheitszeiten im Betrieb wegen Urlaubs, Krankheitszeiten und unbezahlter Fehltage lag in der wärmeren Jahreszeit, in den Monaten April bis August, wobei seit 1975 – ausgenommen das Jahr 1977 – sich an den Urlaub des Klägers jeweils ein weiterer längerer Fehlzeitenzeitraum anschloß, für die er jeweils Bescheinigungen aus seiner jugoslawischen Heimat vorweisen konnte, in denen ihm Krankheit als Verhinderungsgrund attestiert worden war:

1975:

Urlaub bis 8.7., bescheinigte Krankheitszeit ab 9.7.

1976:

Urlaub bis 8.5. (Sonnabend), bescheinigte Krankheitszeit ab Montag, den 10.5.

1977:

Urlaub bis 15.7., unbezahlte Fehltage ab 16.7.

1978:

Urlaub bis 5.5. (Freitag), bescheinigte Krankheitszeit ab Montag, den 8.5.

1979:

Urlaub bis 29.1., unbezahlte Fehltage ab 30.1.

1979:

Urlaub bis 16.7., bescheinigte Krankheitszeit ab 17.7.

1980:

Urlaub bis 24.7., bescheinigte Krankheitszeit ab 25.7.

1981:

Krankheit bis 10.6., Urlaub ab 11.6.

1981:

Urlaub bis 7.7., bescheinigte Krankheitszeit ab 8.7.

1982:

Urlaub bis 14.10., bescheinigte Krankheitszeit ab 15.10.

Die Beklagte teilte dem Kläger während der Fehlzeit, die an den Juni/Juli Urlaub 1981 des Klägers angeschlossen hatte, unter dem 4.8.1981 mit Schreiben vom 4.8.1981 u. a. mit:

Wie wir aus Ihrer Personalakte entnehmen mußten, sind sie während Ihres jeweiligen Jahresurlaubes mit auffallender Regelmäßigkeit erkrankt. Mit Schreiben vom 16. Juli 1981 teilt uns die AOK mit, daß Sie laut Auskunft des ausländischen Versicherungsträgers seit dem 8.7.1981 arbeitsunfähig sind. Da wir aus vorgenannten Gründen erhebliche Zweifel an Ihrer tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit haben, sehen wir uns gezwungen, die Lohnfortzahlung für diese Fehlzeiten zu verweigern, solange Sie uns nicht den Beweis erbringen, zweifelsfrei arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein, etwa aufgrund eines schweren, mit dem Krankenhausaufenthalt verbundenen Verkehrsunfalles.

Darüber hinaus weisen wir Sie darauf hin, daß Sie im Wiederholungsfall mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechnen müssen.

Die dem Kläger mit Schreiben vom 10.9.1981 erteilte Abmahnung der Beklagten hatte u. a. folgenden Inhalt:

ABMAHNUNG

Sehr geehrter Herr M.,

wir beziehen uns auf das zwischen Ihnen und den Herren G., P. und Sch. am 7. September 1981 geführte Gespräch über Ihr regelmäßiges Erkranken während des Urlaubes, rechtzeitige Unterrichtung des Arbeitgebers im Krankheitsfall und rechtzeitige Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

Sie haben ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag in dreifacher Hinsicht verletzt:

  1. über Ihre Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 18. Juli bis 3. September 1981 haben Sie der PVG keine Mitteilung gemacht, obwohl Sie verpflichtet sind, im Krankheitsfall oder bei Fortdauer einer Erkrankung den Arbeitgeber umgehend zu benachrichtigen.
  2. eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den obigen Zeitraum lag uns ebenfalls trotz Abmahnung bis zum 3. September 1981 nicht vor.

    Damit haben Sie sich

  3. des unentschuldigten Fehlens schuldig gemacht.

Dieses von Ihnen gezeigte Verhalten können wir nicht billigen und weisen Sie darauf hin, daß Sie im Wiederholungsf...

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