Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersbenachteiligung durch Angebot zur Tätigkeit in einem "jungen und motivierten Team". Entschädigungsklage des abgewiesenen Stellenbewerbers aufgrund Indizwirkung der Stellenanzeige im Einzelfall
Leitsatz (amtlich)
Die Angabe in einer Stellenanzeige" wonach eine Tätigkeit in einem "jungen Team" geboten wird, kann im Einzelfall ein Indiz für eine verbotene Altersdiskriminierung im Sinne der §§ 7, 1 AGG sein.
Normenkette
AGG § 1 Abs. 1, §§ 7, 3 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1, § 15 Abs. 1-2, § 22
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 21.03.2013; Aktenzeichen 51 Ca 1675 c/12) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn - 51 Ca 1685 c/12 - vom 21.03.2013 teilweise geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 2.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2012 zu zahlen; im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt 6/7, die Beklagte 1/7 der Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen von ihm behaupteter Altersdiskriminierung.
Die Beklagte veröffentlichte im Juni 2012 eine Stellenanzeige in einer Tageszeitung, mit der sie einen Gebietsverkaufsleiter für die Postleitzahlenbezirke 72 und 77 - 79 suchte. Nach einer kurzen Einleitung ist die Anzeige in drei Absätze untergliedert, die mit "Ihre Aufgabe", "Ihre Qualifikation" und "Ihre Perspektive" überschrieben sind. Unter diesen Absätzen heißt es abschließend:
"Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, eine verantwortungsvolle Position im Vertrieb eines erfolgreichen Unternehmens zu übernehmen. Als Mitglied eines jungen und motivierten Teams erhalten Sie bei uns Gelegenheit, Ihren Verantwortungsbereich kontinuierlich auszuweiten."
Wegen des weiteren Inhalts der Stellenanzeige wird auf die Anlage 1 zur Klage (Bl. 5 d. A.) Bezug genommen.
Der am ....1964 geborene Kläger, der seit Juli 2004 als selbständiger Ingenieur tätig ist, bewarb sich mit Schreiben vom 11.06.2012 (Bl. 6 d. A.) auf diese Stelle. Er fügte diesem Schreiben seinen Lebenslauf bei und gab als "verhandlungsfähige Gehaltsvorstellung" EUR 54.000,00/Jahr zuzüglich einer erfolgsabhängigen Vergütung an. Mit Schreiben vom 27.06.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe sich für einen anderen Bewerber entschieden. Mit Schreiben vom 06.08.2012 (Bl. 9 d. A.) machte der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung in Höhe von EUR 13.500,00 geltend. Diesen lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 21.08.2012 ab. Am 06.09.2012 hat der Kläger seinen Entschädigungsanspruch mit der vorliegenden Klage gerichtlich anhängig gemacht.
Er hat vorgetragen:
Durch die Aufnahme der Beschreibung "junges Team" in der Stellenanzeige sei indiziert, dass die Beklagte ihn wegen seines Alters nicht in die engere Wahl der Bewerber einbezogen habe. Beim gegenteiligen Vortrag der Beklagten handele es sich um Schutzbehauptungen. Er erfülle das Anforderungsprofil an die Stelle und habe eine für einen Gebietsverkaufsleiter allgemein übliche Gehaltsvorstellung angegeben. Er gehe davon aus, dass ein Monatsgehalt EUR 4.500,00 betrage, so dass eine Entschädigungsleistung von EUR 13.500,00 im Raum stehe, wobei er die genaue Höhe der Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stelle.
Die Beklagte hat erwidert:
Eine Diskriminierung durch die Stellenanzeige sei nicht indiziert. Sie habe erkennbar zwischen Anforderungen an die Stelle und an das Unternehmen differenziert. Die Formulierung "junges Team" findet sich erst ganz am Ende der Anzeige und diene dazu, ihr Unternehmen und die Stelle zu bewerben. Mit den Anforderungen an den Bewerber selbst habe dieser Abschnitt nichts zu tun. Sie habe ausdrücken wollen, dass sich das Team erst in den letzten 3 Jahren gebildet habe.
Der Kläger erfülle im Übrigen nicht vollständig das Anforderungsprofil: Offensichtlich sei er in der Vergangenheit bei der Kundenakquisition nicht erfolgreich gewesen. Dies belegten seine Ausführungen im Bewerbungsschreiben. Auch sei die Angabe einer Gehaltsvorstellung nicht verlangt gewesen und erwecke den Eindruck, dass die Bewerbung keinen Bezug zu ihrem Unternehmen aufweise.
Wegen des weiteren Vorbringens in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf die Akte verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es sei bereits fraglich, ob der Kläger Indizien bewiesen habe, die eine Benachteiligung wegen seines Alters vermuten ließen. So habe die Beklagte jemanden mit abgeschlossener Ausbildung, der ein "Verkaufsprofi" sei und nachweislich Erfahrungen im Bauelementebereich aufweise, gesucht. Das zeige, dass die Beklagte eine "gestandene Persönlichkeit" gesucht habe, die sich bereits in Handwerk und Verkauf bewährt habe. Daraus lasse sich der Schluss ziehen, dass die Beklagte durchaus auch Bewerber in einem "gewissen Alter" habe ansprechen wollen. Letztlich komme es hie...