Entscheidungsstichwort (Thema)
Kraftfahrer. Geldbuße. Erstattung. Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
Grundsätzlich trifft keinen Arbeitgeber die Pflicht, dem Arbeitnehmer Bußgelder zu erstatten, die der Arbeitnehmer wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit der dienstlichen Nutzung eines Firmenlastkraftwagens zu zahlen hatte. Ob im Einzelfall wegen betrieblicher Übung dem Arbeitgeber eine Erstattungspflicht treffen kann, bleibt dahingestellt.
Normenkette
BGB § 670
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Urteil vom 23.06.1999; Aktenzeichen 1 Ca 263d/99) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 23.06.1999 – 1 Ca 263 d/99 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ein Bußgeld zu erstatten.
Der Kläger war vom August 1996 bis 24. Juli 1997 bei der Beklagten als Fernfahrer tätig. Bei einer Kontrolle des von ihm geführten Kraftfahrzeuges der Beklagten auf der B 404 vom 25. Januar 1997 wurden dreißig Diagrammscheiben für den Zeitraum 5. bis 25. Januar 1997 einbehalten. Der Kläger hatte die Diagrammscheiben nicht an die Beklagte herausgegeben, obwohl er nach den gesetzlichen und arbeitsvertraglichen Regelungen jeweils nur die Diagrammscheiben der letzten Woche hätte bei sich führen dürfen. Das zuständige Landesamt für Gesundheit und Arbeitssicherheit stellte nach Auswertung der Diagrammschreiben sieben Ordnungswidrigkeiten fest und erließ gegen den Kläger den Bußgeldbescheid vom 18. Mai 1998 über insgesamt 5.471,00 DM. Diesen Bußgeldbescheid verringerte das Amtsgericht Lübeck mit Entscheid vom 22. Januar 1999 auf eine Geldbuße von 2.450,00 DM. Nachdem der Kläger trotz Aufforderung zur Herausgabe weiter Diagrammscheiben einbehielt, gab der Geschäftsführer der Beklagten die Anweisung, das dem Kläger zugeteilte Fahrzeug mit einem zweiten Fahrer zu besetzten. Kurz danach kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos.
Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet, ihm die Geldbuße zu erstatten. Er sei gezwungen gewesen, die Lenkzeitüberschreitungen zu begehen, da er anderenfalls mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses habe rechnen müssen. Im übrigen habe bei der Beklagten die betriebliche Übung bestanden, den Fahrern solche Geldbußen zu erstatten. So seien dem Mitarbeiter B., wie zwischen den Parteien unstreitig ist, im Verlaufe von dessen 19-jähriger Tätigkeit für die Beklagte ca. zehn Bußgelder von der Beklagten erstattet worden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.450,00 DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat behauptet: Ihre Disponenten hätten die vom Kläger durchzuführenden Fahrten so eingeteilt, dass gesetzeswidrige Lenkzeitüberschreitungen entbehrlich gewesen seien. Sie habe wegen der Nichtvorlage der Diagrammscheiben nicht die Möglichkeit gehabt, gesetzeswidrige Lenkzeitüberschreitungen des Klägers in Erfahrung zu bringen und diesen gegebenenfalls auf Einhaltung der Lenkzeitverordnung zu verpflichten. In keinem Fall sei ihm wegen Einhaltung der Lenkzeitverordnung gekündigt worden. Es bestehe bei ihr auch keine betriebliche Übung, Fahrern bei Lenkzeitüberschreitungen die festgesetzten Geldbußen zu erstatten. Für den Mitarbeiter B. seien verhängte Bußgelder seitens der Ehefrau des seinerzeitigen Geschäftsführers der Beklagten auf nichtbetrieblicher Ebene übernommen worden. Grund dafür sei neben einem besonderen Vertrauensverhältnis aufgrund der langjährigen Tätigkeit gewesen, dass B. wiederholt im Laufe der Jahre auch außerhalb der Arbeitszeiten private Gefälligkeitsfahrten für die Firma des seinerzeitigen Geschäftsführers der Beklagten durchgeführt habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger sich auf eine betriebliche Übung bzgl. der Übernahme von Bußgeldern durch die Beklagte berufe, könne eine derartige Übung nicht festgestellt werden. Mit Ausnahme des Mitarbeiters B. habe der Kläger nicht vorgetragen, in welchen konkreten Fällen die Beklagte Bußgelder an Arbeitnehmer erstattet habe. Der Klageanspruch sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 670 BGB gerechtfertigt, denn das Risiko, als Führer eines Kraftfahrzeuges mit Ordnungsgeld belegt zu werden, zähle zum Lebensbereich des betroffenen Kraftfahrers. Die individuell verhängte Strafe habe ein im Arbeitsverhältnis stehender Kraftfahrer auf sich zu nehmen, wie jeder andere Kraftfahrer. Bereits bei der Bemessung der individuellen Schuld im Rahmen des Straf- oder Bußgeldverfahrens sei die Tatsache, dass der Gesetzesverstoß sich während oder im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis ereignet habe, zu berücksichtigen und gegebenenfalls ein Mitverschulden des Arbeitgebers bei der Strafzumessung zu würdigen. Da das Bußgeld eine öffentlich-rechtliche Buße sei, müsse der Betroffene diese aus seinem eigenen Vermögen selbst tragen. Zu einem Mitverschulden durch die Tourenplanung habe der Kläger n...