Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung des Persönlichkeitsrechts einer Helferin in der Kleiderkammer der Bundeswehr bei nicht vertragsgerechter Beschäftigung. Unbegründete Schadensersatzklage bei Zuweisung unterwertiger Arbeit infolge des Streitkräfteumbaus und gesundheitlicher Beeinträchtigungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts und ein schweres Verschulden der Verletzenden; ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, welche die Zahlung einer Entschädigung erfordert, hängt von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund der Handelnden sowie dem Grad ihres Verschuldens ab.
2. Wird eine Arbeitnehmerin nicht vertragsgerecht sondern unterwertig beschäftigt, ist dies grundsätzlich geeignet, in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmerin einzugreifen; dabei ist nicht entscheidend, ob eine bestimmte zugewiesene Tätigkeit betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht, sondern ob durch die Art der zugewiesenen Tätigkeit im Vergleich zur vertraglich vereinbarten Tätigkeit der soziale Geltungsanspruch der Arbeitnehmerin negativ betroffen und die Arbeitnehmerin durch die Art der Beschäftigung in ihrer Wertschätzung abgewertet wird.
3. Mit dem Tätigkeitsbild einer Helferin in einer Kleiderkammer der Bundeswehr sind das Zerreißen von Pappkartons oder Reinigungsarbeiten durchaus noch zu vereinbaren; das gilt jedoch nicht für das Sortieren von Knöpfen, wenn die von der Arbeitnehmerin sortierten Knöpfe abends jeweils wieder in eine Schüssel gelegt und am nächsten Morgen erneut zum Sortieren vorgelegt werden, denn damit wird der Kern der persönlichen Würde eines Menschen, nämlich bei seiner Arbeit etwas "irgendwie Sinnvolles" zu tun, ebenso verletzt wie auch durch den Umstand, dass ihr stundenweise überhaupt keine Beschäftigung zugewiesen wird.
4. Liegen Anlass und Beweggrund der Zuweisung unterwertiger Arbeit ausschließlich in äußeren Umständen, da sich mit dem Umbau der Streitkräfte und der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht die Anzahl der Soldaten und damit auch die Anzahl der Uniformen erheblich verringert hat und die bisher von der Arbeitnehmerin wahrgenommenen Aufgaben zentralisiert worden sind, und liegt der Beweggrund der Arbeitgeberin auch nicht in einer beabsichtigten Schikane oder im zielgerichteten Entzug der Aufgaben, da die Arbeitnehmerin aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht an den Ort umgesetzt werden kann, an dem ihre bisherige Hauptaufgabe weiter anfällt, ist die Verletzung des Persönlichkeitsrechts unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als nicht als so schwerwiegend zu bewerten, dass die Zahlung einer Entschädigung erforderlich ist.
Normenkette
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 831
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Entscheidung vom 30.01.2014; Aktenzeichen 2 Ca 277/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 30.01.2014 - 2 Ca 277/12 - teilweise geändert:
Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.
Von den Kosten erster Instanz trägt die Klägerin 70 % und die Beklagte zu 1) 30 %.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 85 %, die Beklagte zu 1) 15 %.
Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 80 % ihrer eigenen Kosten und der der Beklagten zu 1) sowie sämtliche Kosten der Beklagten zu 2). Die weiteren außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte zu 1).
Die Revision wird nicht zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
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Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur noch über einen Entschädigungsanspruch wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin durch nicht vertragsgerechte Beschäftigung seitens der Beklagten zu 2).
Die 1958 geborene Klägerin ist seit 1976 bei der Beklagten zu 1) in der Bundeswehrverwaltung (StOV F.) zunächst als Botin in der Registratur und seit 15.07.1995 als Kammerarbeiterin in der Kleiderkammer beschäftigt. Sie verdient im Monat ca. 1.600,00 € brutto (EG 3 TVöD) und war stets in H. eingesetzt. Die Kleiderkammer in H. ist dem Bundeswehrdienstleistungszentrum F. (BwDLZ F.) zugeordnet. Die Klägerin ist aufgrund einer frühkindlichen Schädigung schwerbehindert mit einem GdB von 100. Ausweislich eines Gutachtens des Dr. Z. von der Wehrbereichsverwaltung Nord, H., kann die Klägerin einfache Tätigkeiten ohne eigenen Entscheidungsspielraum erledigen. Dabei sollten keine Arbeiten mit Telefon, Computer oder häufigem Publikumsverkehr übertragen werden. Die Klägerin habe erhebliche Probleme in der Kommunikation mit anderen Personen. Zur Leistungsfähigkeit der Klägerin wird ergänzend auf die erstinstanzlich eingereichte Anlage K 3 (Bl. 128 f. d. A.) Bezug genommen.
In der Kleiderkammer wurde die Klägerin ab 1995 ausweislich der Tätigkeitsbeschreibung (Anlage K 1, Bl. 72 f. d. A.) zu 74 % (28,5 Wochenstunden) als Helferin bei der Lagerung, Pf...