Die hiernach aufgespaltene Arbeitgeberstellung führt dazu, dass dieses 3-Personen-Verhältnis wesensmäßig eine Arbeitnehmerüberlassung ist. Eine Arbeitnehmerüberlassung ist nach deutschem Recht streng reguliert; sie ist grundsätzlich erlaubnispflichtig. Arbeitnehmerüberlassung zeichnet sich dadurch aus, dass ein Verleiher einem Dritten (Entleiher), im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlässt und dem Entleiher dazu das fachliche Weisungsrecht überträgt. Zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher bestehen keine arbeitsvertraglichen Beziehungen. Da diese Voraussetzungen auch in der Grundkonstellation des EoR erfüllt sind, liegt regelmäßig Arbeitnehmerüberlassung vor.
Aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters ist indes fraglich, ob das deutsche AÜG – als öffentliche-rechtliche Norm des Gewerberechts – in dieser Konstellation anwendbar ist. Denn während der EoR seinen Sitz regelmäßig in dem Staat hat, in dem der Arbeitnehmer remote tätig ist, hat der Auftraggeber seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Wäre das deutsche AÜG anwendbar, bedürfte der EoR grundsätzlich einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, die er regelmäßig nicht hat. Diese Frage ist wiederum für den inländischen Auftraggeber aufgrund der nach §§ 9, 10, 15 und 16 AÜG vorgesehenen (scharfen) Rechtsfolgen einer verdeckten (illegalen) Arbeitnehmerüberlassung äußerst relevant.
Im Ausgangspunkt ist diese Frage aufgrund der Auslandsberührung nach dem sog. Territorialitätsprinzip zu beantworten. Hiernach ist das Recht eines Staates im Wesentlichen dann anwendbar, wenn der Sachverhalt einen hinreichenden Inlandsbezug aufweist. Sofern eine entsprechende Verbindung zum Staatsgebiet eines Staates fehlt, sind dessen öffentlich-rechtliche Regelungen nicht anwendbar. Der Inlandsbezug ist ausgehend von Sinn und Zweck der Erlaubnispflicht zu bestimmen. Die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG vorgesehene Erlaubnispflicht soll gewährleisten, dass der Verleiher zuverlässig ist. Er soll insbesondere den sozialen Schutz der zu überlassenden Leiharbeitnehmer sicherstellen können.
Arbeitnehmerüberlassung bei hinreichendem Inlandsbezug
Hiernach besteht der erforderliche Inlandsbezug, wenn
- der Verleiher seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat oder
- der Leiharbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland tätig wird.
Daher bedarf der ausländische Verleiher grundsätzlich einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, sofern der Leiharbeitnehmer in Deutschland tätig wird.
Hinreichender Inlandsbezug bei EoR-Konstellation?
In der typischen Konstellation des EoR hat der EoR seinen Sitz in einem ausländischen Staat. Auch der Arbeitnehmer ist ausschließlich im Ausland tätig, das heißt, er verrichtet seine Tätigkeit physisch im Ausland. Ein hinreichender Inlandsbezug wird auch nicht etwa dadurch hergestellt, dass der Leiharbeitnehmer auf Basis seiner remote erbrachten Arbeitsleistungen "virtuell" in den deutschen Betrieb eingegliedert wird bzw. der deutsche Auftraggeber seine Arbeitsleistungen im Inland verwertet. Daher benötigt der EoR in der klassischen Ausgestaltung bei verständiger Würdigung keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis nach deutschem Recht.
Bundesagentur für Arbeit verlangt Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
Ungeachtet dieses im Grunde eindeutigen rechtlichen Befundes geht die Bundesagentur für Arbeit unterdessen dazu über, auch für solche Fälle eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung anzunehmen. Die Bundesagentur für Arbeit führt dazu Gesichtspunkte des Schutzzwecks und der Missbrauchsprävention an. Sie stellt darauf ab, dass in solchen Konstellationen die Arbeitnehmer zwar nicht in Deutschland arbeiteten, die Arbeitsleistungen ihre Wirkungen indes in Deutschland entfalteten. Unterfielen diese Fälle nicht dem Geltungsbereich des AÜG, könnten deutsche Auftraggeber ausländische Arbeitnehmer erlaubnisfrei und zu geringeren Personalkosten beschäftigen. Hiernach könnten deutsche Auftraggeber insbesondere die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen umgehen.
Diese Auffassung der Bundesagentur für Arbeit überzeugt nicht. Denn letztlich beansprucht sie, dass das deutsche AÜG weltweit anwendbar wäre. Die weitaus besseren Argumente sprechen dafür, dass das deutsche AÜG in solchen Fällen nicht gilt. Es wird abzuwarten bleiben, wie sich die Rechtsprechung dazu positioniert.
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Auch in der praktischen Umsetzung des Vertragsverhältnisses sollten deutsche Auftraggeber sorgfältig darauf achten, dass der Arbeitnehmer tatsächlich (ausschließlich) im Ausland tätig ist. Aufenthalte in der Bundesrepublik Deutschland sollten vermieden werden. Es mag zwar zweifelhaft sein, ob kurzfristige und seltene Aufenthalte in der Bundesrepublik Deutschland einen hinreichenden Inlandsbezug herstellen und damit eine Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG begründen können. Dies kann aber mangels belastbarer Rechtsprechung dazu aktuell nicht rechtssicher ausgeschlossen werden.