Sabine Jungbauer, Dipl.-Ing. Werner Jungbauer
Rz. 3
Um eine Kommunikation zwischen den Justizbehörden und Anwälten auf elektronischer Basis durchführen zu können, wird ein sog. elektronischer Briefkasten benötigt. Ein solcher Briefkasten muss weitgehend sicher und einfach zu bedienen sein. Er muss vor Missbrauch geschützt sein und eine diskrete Kommunikation ermöglichen. Den Gerichten steht das EGVP (elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach) bereits seit vielen Jahren zur Verfügung. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) erhielt 2013 die Aufgabe übertragen, den zugelassenen Anwälten einen mit dem EGVP kompatiblen, ebenfalls sicheren elektronischen Briefkasten zur Verfügung zu stellen; das besondere elektronische Anwaltspostfach "beA".
Rz. 4
§ 31a Abs. 1 S. 1 BRAO regelt die Verpflichtung der BRAK zur Einrichtung eines beA für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer.
§ 31a BRAO Besonderes elektronisches Anwaltspostfach
(1) Die Bundesrechtsanwaltskammer richtet für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit ein.
[…]
Rz. 5
Die zum 1.1.2016 geplante Öffnung der beAs wurde am 27.11.2015 zunächst aus technischen Gründen verschoben; im weiteren Verlauf kam es dann zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, die es der BRAK erst zum 28.11.2016 erlaubte, die beAs freizuschalten. Der Streit betraf unter anderem die Frage der empfangsbereiten Freischaltung schon im Jahr 2016, obwohl doch erst zum 1.1.2018 die gesetzliche Pflicht zur "elektronischen Empfangsbereitschaft" in § 174 ZPO geregelt werden sollte. Am 28.9.2016 ist schließlich die Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung – RAVPV) weitgehend in Kraft getreten, in der in § 21 RAVPV ebenfalls die empfangsbereite Freischaltung des beA geregelt worden ist.
§ 21 RAVPV
[…] Die Bundesrechtsanwaltskammer richtet unverzüglich nach der Eintragung einer Person in das Gesamtverzeichnis für diese ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit ein.
Rz. 6
Da § 31 RAVPV den Anwälten erlaubt(e), eingehende Post bis zum 31.12.2017 unter bestimmten Umständen zu ignorieren, kehrte im rechtlichen Bereich Ruhe ein.
Rz. 7
Die beAs der Syndikusrechtsanwälte werden zum 27.11.2017 freigeschaltet, nachdem Ende November 2017 eine Aufnahme der Syndikusrechtsanwälte in das bundesweite amtliche Anwaltsverzeichnis erfolgt.
Rz. 8
Ab 1.1.2018 hat die BRAK "für jede im Gesamtverzeichnis eingetragene weitere Kanzlei eines Mitglieds einer Rechtsanwaltskammer ein weiteres besonderes elektronisches Anwaltspostfach einzurichten“, vgl. Näheres auch in § 31a Abs. 7 BRAO. "
Rz. 9
Syndikusrechtsanwälte, die zusätzlich auch als niedergelassene Rechtsanwälte oder für mehrere Arbeitgeber tätig sind, werden jeweils gesondert eingetragen und erhalten demzufolge auch mehrere beAs. Bei unverzüglicher Bestellung der beA-Karten für einen Syndikusrechtsanwalt bis zum 15.12.2017 wird eine Lieferung der Karte bis zum Jahresende angekündigt, jedoch nicht garantiert.
Rz. 10
Von der Freischaltung des beA sind grundsätzlich keine Ausnahmen vorgesehen. Auch die nachstehenden Gründe berechtigen nicht zum Antrag auf Nichteinrichtung oder zu einer zeitweisen "Aussetzung":
- Altersgründe,
- Tätigkeit als reiner Vertragsanwalt (keine Litigation),
- Tätigkeit als Rechtsanwalt im Öffentlichen Dienst gem. § 47 BRAO,
- Krankheitsgründe
- Erziehungs- oder Pflegezeiten.
Rz. 11
Das beA eines jeden Anwalts ist mit seinem Eintrag im elektronischen Anwaltsverzeichnis verknüpft. Erst bei Sperrung (§ 28 RAVPV) Tod oder Rückgabe/Entzug der Zulassung wird auch das beA mit der Löschung im Anwaltsverzeichnis nicht mehr adressierbar sein. Fraglich ist, ob die Befreiung von der Kanzleipflicht gerade für ältere Anwälte ein "Ausweg" ist. Zumindest wäre für diesen Fall auch ein Zustellungsbevollmächtigter zu benennen.
Rz. 12
Das beA ist ein persönliches Postfach für jeden zugelassenen Anwalt. Kanzleipostfächer gibt es bisher nicht. Allerdings können z.B. für einen Mitarbeiter oder Kollegen mit entsprechenden Berechtigungen mehrere Postfächer in einer einheitlichen Oberflächenansicht einsehbar sein (Darstellung eines "virtuellen Kanzleipostfachs"), siehe dazu auch "Vorstellung des beA" Rdn 167.
Rz. 13
Bitte beachten Sie:
Seit dem 28.11.2016 (für Syndikusrechtsanwälte voraussichtlich ab 27.11.2017) können Posteingänge in das beA erfolgen und zwar unabhängig davon, ob beA-Karten bestellt oder die Erstregistrierung durchgeführt wurde, da ein beA grundsätzlich empfangsbereit eingerichtet ist. Um die Post "lesen und abholen" zu können, d.h. zur Kenntnis zu nehmen und exportieren zu können, wird ein "Briefkastenschlüssel" benötigt. Dieser "Briefkastenschlüssel" ist die beA-Karte Basis oder beA-Karte Signatur des Anwalts, sobald der Anwalt die beA-Client-Security auf seinem Computer gespeichert und die Erstregistrierung vorgenommen hat (hierzu siehe "B...