Leitsatz
Der Kläger hatte Anfechtungsklage erhoben und genügend Umstände für den nach der Rechtsprechung des BGH erforderlichen Anfangsverdacht vorgetragen. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Klage war der Beklagte, was allerdings nicht definitiv festgestellt wurde, prozessunfähig. Für ihn war ein Betreuer bestellt worden, der zur Sache verhandelte. Es ergab sich das Problem, ob die Anfechtungsfrist des § 1600b BGB gewahrt war, nachdem der Betreuer zur Sache verhandelt hatte und damit die wirksame Zustellung der Klage gegeben war. Insoweit kam es auf die Wirkung des entsprechend anwendbaren § 210 BGB an.
Das AG hat auf die Anfechtungsklage des Klägers festgestellt, dass der Beklagte nicht sein Kind ist.
Der Beklagte beantragte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren. Sein Prozesskostenhilfegesuch wurde zurückgewiesen.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, die Berufung des Beklagten habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das AG habe der Anfechtungsklage des Klägers zu Recht stattgegeben.
Er sei nicht der Vater des Beklagten. Aufgrund des eingeholten Abstammungsgutachtens stehe fest, dass er unmöglich der Erzeuger des Beklagten sein könne. Dieses Beweisergebnis war zwischen den Parteien auch nicht mehr streitig.
Die Anfechtungsklage sei auch rechtzeitig erhoben worden. Die Anfechtungsklage vom 23.3.2004 sei dem Beklagten persönlich am 15.5.2004 zugestellt worden, somit innerhalb der noch jedenfalls bis Oktober 2004 laufenden zweijährigen Anfechtungsfrist. Wenn der Beklagte, was zwischen den Parteien streitig war, prozessfähig sein sollte, wäre damit unzweifelhaft die Anfechtungsklage rechtzeitig erhoben. Bei Prozessunfähigkeit des Beklagten wäre die Zustellung an ihn gem. § 170 Abs. 1 ZPO unwirksam. Dieser Mangel könne, da nicht verzichtbar, auch nicht über § 295 ZPO geheilt werden. Allerdings sei nach § 1600b Abs. 6 S. 2 BGB die Vorschrift des § 210 BGB entsprechend anwendbar. Die durch die Schuldrechtsreform eingeführte Vorschrift erweitere den früheren § 206 BGB a.F. dahingehend, dass die Ablaufhemmung nunmehr auch dem Gläubiger, der einen Anspruch gegen einen Geschäftsunfähigen ohne gesetzlichen Vertreter besitze und deshalb keine Klage erheben könne, zugute komme. Da die Klage innerhalb der um sechs Monate verlängerten Frist dem nunmehr durch einen Betreuer vertretenen Beklagten zugestellt worden sei, sei die Anfechtungsfrist zugunsten des Klägers gewahrt.
Hinweis
Obgleich der Mangel der Prozessfähigkeit von Amts wegen zu berücksichtigen ist, trägt regelmäßig die ein Sachurteil begehrende Partei die Beweislast dafür, dass sie prozessfähig und ggf. ordnungsgemäß gesetzlich vertreten ist. Bei Bedenken gegen die Prozessfähigkeit in der Person des Klägers oder des Beklagten ist der Anwalt daher verpflichtet, auf diesen Umstand hinzuweisen und diesen Punkt zu problematisieren. Zwar wird im Allgemeinen von der Prozessfähigkeit einer Partei auszugehen sein. Dies kann jedoch unter Umständen dann nicht gelten, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass Prozessunfähigkeit vorliegen könnte.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 12.05.2006, 12 UF 155/05