Entscheidungsstichwort (Thema)
Lauf der Anfechtungsfrist bei Vaterschaftsanfechtungsklage ggü. prozessunfähiger Partei
Leitsatz (amtlich)
Wird die Vaterschaftsanfechtungsklage der prozessunfähigen Partei persönlich zugestellt, so endete die zweijährige Anfechtungsfrist erst sechs Monate nach dem Zeitpunkt, in dem der Mangel der Vertretungsmacht behoben worden ist.
Normenkette
BGB §§ 210, 1600b
Verfahrensgang
AG Ahrensburg (Aktenzeichen 28 F 39/04) |
Tenor
Das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).
Zu Recht hat das AG auf die Anfechtungsklage des Klägers festgestellt, dass der Beklagte nicht sein Kind ist.
1. Der Kläger ist nach § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1592 Nr. 1 BGB anfechtungsberechtigt.
2. Der Kläger ist auch nicht der Vater des Beklagten. Aufgrund des eingeholten Abstammungsgutachtens vom 26.5.2005 steht fest, dass der Kläger unmöglich der Erzeuger des Beklagten sein kann (Bl. 121). Dies Beweisergebnis ist zwischen den Parteien auch nicht mehr strittig.
3. Der Kläger hat für die Anfechtungsklage auch genügend Umstände für den nach der Rechtsprechung des BGH erforderlichen Anfangsverdacht vorgetragen. Es ist unstrittig, dass die Kindesmutter in der gesetzlichen Empfängniszeit auch mit einem anderen Mann geschlafen hat, dessen Name sie nicht sagen will oder kann.
4. Der Kläger hat die Anfechtungsklage auch rechtzeitig erhoben.
Nach § 1600b Abs. 1 S. 1 BGB kann die Vaterschaft binnen einer Ausschlussfrist von zwei Jahren angefochten werden. Die Frist beginnt nach S. 2 der Vorschrift mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Für eine Versäumung dieser Anfechtungsfrist trägt das beklagte Kind die Beweislast, d.h. für die Kenntnis des Vaters von den gegen seine Vaterschaft sprechenden Umständen und für den Zeitpunkt dieser Kenntnis. Nennt der Vater einen bestimmten Zeitpunkt der Kenntniserlangung, so ist es Sache des Kindes nachzuweisen, dass der Vater schon früher von Umständen Kenntnis erlangt hat, die gegen seine Vaterschaft sprechen (Palandt/Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1600b Rz. 3).
Der Beklagte hat hier den Beweis nicht geführt, dass der Kläger vor Ende Oktober 2002 von Umständen erfahren hat, die gegen seine Vaterschaft sprechen. Das ergibt sich schon aus der Aussage der Kindesmutter, der Zeugin A. selbst. Diese hat insoweit ausgesagt (Bl. 81):
"Wir hatten uns im Sommer 1981 getrennt und haben den Sommer alleine verbracht. Ich hatte dann einen anderen. Anfang Oktober haben wir uns aber wieder getroffen, uns wieder versöhnt und wir haben auch miteinander geschlafen. Mein Mann wusste, dass ich einen anderen gehabt habe. Wir waren uns darüber einig, wenn unser Sohn nicht zu dem Zeitpunkt kommt, wie geplant, dass dann ein anderer der Vater sein würde. Der Sohn ist dann aber fast ganz genau gekommen, zu dem Termin, wie geplant. Er ist geboren am 26.6. und wir hatten ausgerechnet den 28.6.".
Auch die Zeugin B., damals mit beiden Parteien befreundet, hat bekundet, dass sie sich nicht vorstellen könne, dass mit dem Kläger darüber gesprochen worden sei, dass der andere Freund der Vater des Kindes sein könnte. Schließlich hat auch die Mutter der Kindesmutter - die Großmutter des Beklagten - in ihrer Aussage (Bl. 101 f.) entschieden in Abrede genommen, dass es überhaupt eine Diskussion oder eine Unsicherheit darüber gab, dass der Kläger nicht der Vater sein könne. Vielmehr sei der Kläger einen Tag nach der Geburt des Beklagten freudestrahlend zu ihr, der Zeugin, gekommen, und habe erzählt, dass sie so glücklich seien, dass sie den Termin genau getroffen hätten. Mit dem Kläger sei jedenfalls nie darüber gesprochen worden, dass der Dritte als Vater in Betracht komme.
Aus der Beweisaufnahme ergibt sich danach, dass etwa bestehende Bedenken gegen die Vaterschaft beim Kläger erfolgreich ausgeräumt worden sind.
Auch aus dem Schreiben des Klägers vom 5.7.1999 ergibt sich nicht, dass er nunmehr ernsthafte Zweifel an seiner Vaterschaft hatte. Angesichts der drückenden Unterhaltslasten wollte er nur ganz sicher gehen, wie die Formulierung zeigt:
"Da die monatliche Unterhaltszahlung für meine Familie eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung ist, was wiederum öfter zu Unstimmigkeiten führt, möchte ich Sie darum bitten, bei der Kindesmutter das Einverständnis für einen Bluttest zur eindeutigen Feststellung der Vaterschaft einzuholen."
Es bleibt danach jedenfalls nicht widerlegt, dass der Kläger erstmals Ende Oktober 2002 aufgrund der Information, die seine Ehefrau bei einem Besuch in X. erhalten hat, ernsthafte Zweifel an der Vaterschaft hatte.
Der Kläger hat die zweijährige Anfechtungsfrist hier auch durch rechtzeitige Klagerhebung eingehalten haben. Die Anfechtungsklage vom 23.3.2004 ist dem Beklagten persönlich am 15.5.2004 (Bl. 12) zugestellt worden, also innerhalb der noch jedenfalls bis Oktober 2004 laufenden zweijähr...