Leitsatz

Das erstinstanzliche Gericht hatte der Antragsgegnerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit i.S.d. §§ 114, 115 ZPO versagt und zur Begründung ausgeführt, die Partei verfüge in Gestalt einer Lebensversicherung mit einem aktuellen Rückkaufswert von 6.454,07 EUR über Vermögen, aus dem sie die Verfahrenskosten zu bestreiten habe.

Die gegen den versagenden PKH-Beschluss von der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde führte zur Aufhebung des erstinstanzlichen PKH-Beschlusses und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das AG.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, der Antragsgegnerin könne die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht unter Hinweis auf vorhandenes Vermögen mangels Bedürftigkeit versagt werden.

Grundsätzlich finde die Pflicht einer Partei, ihr Vermögen für die Prozesskosten einzusetzen und ggf. auch zu verwerten, ihre Grenze dort, wo ein solcher Einsatz unzumutbar werde, insbesondere dadurch eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. In entsprechender Anwendung von § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII habe der Senat bislang in ständiger Rechtsprechung die Zumutbarkeitsgrenze in Bezug auf den Einsatz von Lebensversicherungen entsprechend der staatlichen Förderung gezogen, mithin ausschließlich sog. "Riester-Renten" für unverwertbar erachtet.

Hieran werde nicht mehr uneingeschränkt festgehalten. In Zeiten des fortschreitenden Abbaus von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und unsicherer Prognosen zur weiteren Entwicklung der gesetzlichen Altersversicherungssysteme sei zusätzliche private Vorsorge nicht nur vernünftig, sondern zur Wahrung eines auch nur halbwegs angemessenen Lebensstandards im Alter für weite Bevölkerungskreise sogar unumgänglich. Im Hinblick auf diese Erwägungen würden auch in der Rechtsprechung zunehmend Stimmen laut, die es mit dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe für unvereinbar hielten, vernünftige und politisch erheblich geförderte Vorsorgevorkehrungen im Nachhinein durch die Zumutung einer Verwertung derartiger Vermögenswerte im PKH-Verfahren gleichsam zu konterkarieren. Es sei geradezu sinnwidrig und nicht systemkonform, derartige Vermögenswerte abzuschöpfen.

Damit sei nicht gesagt, dass die Verwertung eines jeden Lebensversicherungsvertrages unzumutbar sei. Die Zumutbarkeitsgrenze sei vielmehr danach zu ziehen, ob festgestellt oder zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden könne, dass der fragliche Vermögenswert tatsächlich der Versorgung der Partei im Alter dienen werde. Maßgebliche Kriterien könnten insoweit insbesondere die Laufzeit des Vertrages in Relation zum Alter der bedürftigen Partei oder einer Ausgestaltung der vertraglichen Leistung als Rente sein.

Nach diesen Kriterien sei die Antragsgegnerin nicht gehalten, die Lebensversicherung zurückzukaufen und den Erlös für die Prozesskosten einzusetzen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 01.02.2007, 12 WF 314/06

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