Leitsatz
Die Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in Form einer entgeltlichen Übertragung von Fischereikarten stellt eine Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück i.S.v. Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL dar.
Normenkette
Art. 9 der 6. EG-RL (§ 3a UStG)
Sachverhalt
Heger, in Deutschland ansässig und ohne Betriebstätte in Österreich, kaufte 1997 von der in Österreich ansässigen Gesellschaft F. Fischereikartenkontingente für den Fluss Gmundner Traun. Die Fischereikarten berechtigten ihre Inhaber dazu, an bestimmten Teilstücken dieses Flusses zu fischen. Heger verkaufte die Karten an eine große Zahl von Abnehmern weiter, die in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig waren. Heger machte im Erstattungsverfahren (vgl. § 18 Abs. 9 UStG) die Vorsteuer der ihr von F in Rechnung gestellten USt geltend.
Das österreichische FA meinte, der Weiterverkauf der Fischereikarten durch Heger an ihre Kunden sei eine sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem in Österreich gelegenen Grundstück, sodass nicht das Erstattungsverfahren anwendbar sei, sondern eine Umsatzsteuerveranlagung in Österreich zu erfolgen habe.
Entscheidung
Der EuGH entschied, wie im Leitsatz wiedergegeben. Gleiches gilt für die Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 UStG.
Hinweis
Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL entspricht § 3a Abs. 1 UStG. Als Grundregel gilt: Leistungsort bei Dienstleistungen ist der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit. Vorrangig zu prüfen sind aber die Sonderregelungen in Art. 9 Abs. 2 ff. der 6. EG-RL bzw. § 3a Abs. 2 ff. UStG. So gilt nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL "als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z.B. die Leistungen von Architekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist" (vgl. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG).
Fraglich war, ob die Einräumung der Berechtigung zur Ausübung der Fischerei in Form einer entgeltlichen Übertragung von Fischereikarten eine "Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück" i.S.d. Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL darstellt.
1. Weil die Spezialregelungen vorgehen und Art. 9 Abs. 1 der 6. EG-RL (§ 3a Abs. 1 UStG) nur ein Auffangtatbestand ist, dürfen die "Ausnahmen" hiervon nicht als eng auszulegende Ausnahme von einem allgemeinen Grundsatz angesehen werden (Rd.Nr. 17).
2. Zu prüfen ist als Erstes, ob es sich um eine Dienstleistung handelt (hier ob die Übertragung der Fischereirechte eine "Dienstleistung" darstellen). Die entgeltliche Einräumung von Fischereiberechtigungen ist keine Lieferung von Gegenständen. Allerdings hätte Art. 5 Abs. 3 der 6. EG-RL einem Mitgliedstaat die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Rechte an Grundstücken und bestimmte dingliche Rechte, die ihrem Inhaber ein Nutzungsrecht an Grundstücken geben, als "körperlichen Gegenstand" zu behandeln. Davon hat Deutschland keinen Gebrauch gemacht.
3. Zum Grundstücksbegriff: Wesentliches Merkmal eines Grundstücks ist, dass es mit einem bestimmten Abschnitt der Erdoberfläche verbunden ist. Ein fest abgegrenztes Gelände, selbst wenn es von Wasser überflutet ist, kann als Grundstück qualifiziert werden (Rd.Nr. 20). Berechtigungen, die sich nicht auf die Wassermengen beziehen, die im Fluss fließen und sich ständig erneuern, sondern – wie Fischereiberechtigungen an einem Fluss – auf bestimmte geografische Abschnitte, an denen diese Berechtigungen ausgeübt werden können, sind somit mit einer fest abgegrenzten, mit Wasser bedeckten Fläche verbunden.
4. Es muss jedoch ein ausreichend "enger Zusammenhang" zwischen der fraglichen Leistung und dem Grundstück bestehen. Denn es widerspräche der Systematik des Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 UStG), wenn jede Dienstleistung schon allein deshalb in den Anwendungsbereich dieser Sonderregelung fiele, weil sie einen, wenn auch sehr schwachen Zusammenhang mit einem Grundstück aufweist, da viele Leistungen auf die eine oder andere Weise mit einem Grundstück verbunden sind. Es fallen deshalb nur solche Dienstleistungen unter Art. 9 Abs. 1 Buchst a (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 UStG), die einen ausreichend direkten Zusammenhang mit einem Grundstück aufweisen.
Ein solcher Zusammenhang zeichnet im Übrigen alle in Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL (vgl. § 3a Abs. 1 Nr. 1 UStG) genannten Dienstleistungen aus (Rd.Nr. 24). Fischereiberechtigungen an einem Fluss können nur in Verbindung mit dem betreffenden Fluss und an den in den Fischereikarten angegebenen Abschnitten dieses Flusses ausgeübt werden. Der Wasserlauf selbst stellt also einen wesentlichen Bestandteil der Fischereikarten und damit der Einräumung der Fischereiberechtigungen dar. So weit eine Dienstleistung in der Übertragung eines Rechts auf Nutzung des Grundstücks selbst, hier des Flusses, besteht, stellt dieses Grundstück einen zentralen und unverzichtbaren Bestandteil dieser Leistung dar. Außerdem entsp...