Leitsatz
Aufenthalte eines Schiffs in Häfen von Drittländern, bei denen die Reisenden das Schiff, und sei es nur für kurze Zeit, verlassen können, sind "Zwischenaufenthalte außerhalb der Gemeinschaft" i.S.d. Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL.
Normenkette
Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL (§ 3e Abs. 1 UStG)
Sachverhalt
Frau Köhler betrieb 1994 eine Boutique auf einem Kreuzfahrtschiff. Die Reise konnte nur für die gesamte Kreuzfahrt gebucht werden ohne Zustiegs- oder Ausstiegsmöglichkeit während der Reise. Ein kurzzeitiges Verlassen des Schiffs für Aufenthalte von einigen Stunden oder einem Tag für Besichtigungszwecke war jedoch vorgesehen. Frau Köhler meinte, wegen der Zwischenaufenthalte außerhalb des Gemeinschaftsgebiets seien die danach stattfindenden Umsätze in Deutschland nicht steuerbar.
FA und FG meinten, Zwischenaufenthalte seien nur solche, in denen Passagiere aus- und zusteigen könnten.
Entscheidung
Nach der pragmatischen Entscheidung des EuGH sind im Ergebnis bei einer Kreuzfahrtreise, die im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, die auf dem Schiff während der Aufenthalte in Drittlandshäfen ausgeführten Umsätze nicht steuerbar. Der BFH muss nun die Entscheidung im Revisionsverfahren umsetzen.
Hinweis
Die Entscheidung betrifft die Auslegung des Begriffs "Zwischenaufent außerhalb der Gemeinschaft" i.S.v. Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL. Es geht um den Leistungsort und damit die Steuerbarkeit von Lieferungen auf einem Kreuzfahrtschiff.
1. Als Ort der Lieferung gilt nach Art. 8 Abs. 1 der 6. EG-RL für den Fall, dass der Gegenstand nicht versandt oder befördert wird, der Ort, an dem sich der Gegenstand zum Zeitpunkt der Lieferung befindet (Buchstabe b) und für den Fall, dass die Lieferung von Gegenständen an Bord eines Schiffs, eines Flugzeugs oder in einer Eisenbahn und während des innerhalb der Gemeinschaft stattfindenden Teils einer Beförderung erfolgt, der Abgangsort des Personenbeförderungsmittels (Buchstabe c).
Im Sinn dieser Bestimmung gilt als:
- Mehrere Tätigkeiten einer i.S.d. §§ 51 bis 68 AO gemeinnützigen Körperschaft können einen einzigen oder mehrere Betriebe bilden; ihrer Art nach unterschiedliche Tätigkeiten sind grundsätzlich mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Ein räumlicher Zusammenhang schließt die Beurteilung als zwei oder mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe nicht schon aus.
- innerhalb der Gemeinschaft stattfindender Teil einer Beförderung" der Teil einer Beförderung zwischen Abgangsort und Ankunftsort des Personenbeförderungsmittels ohne Zwischenaufenthalt außerhalb der Gemeinschaft";
- "Abgangsort eines Personenbeförderungsmittels" der erste Ort innerhalb der Gemeinschaft, an dem Reisende in das Beförderungsmittel einsteigen können, gegebenenfalls nach einem Zwischenaufenthalt außerhalb der Gemeinschaft;
- "Ankunftszielort eines Personenbeförderungsmittels" der letzte Ort innerhalb der Gemeinschaft, an dem in der Gemeinschaft zugestiegene Reisende das Beförderungsmittel verlassen können, gegebenenfalls vor einem Zwischenaufenthalt außerhalb der Gemeinschaft. § 3e UStG entspricht dieser Bestimmung und stellt lediglich klar, dass Hin- und Rückfahrt als gesonderte Beförderungen gelten.
Was Zwischenaufenthalte sind, bleibt nach dem Richtlinientext kryptisch: Denn ein "Zwischenaufenthalt" außerhalb der Gemeinschaft kann vor dem – definierten – Abgangsort liegen (erster Ort in der Gemeinschaft für das Einsteigen von Passagieren), er kann nach dem – definierten – Ankunftsort (letzter Ort innerhalb der Gemeinschaft, an dem zugestiegene Reisende das Beförderungsmittel verlassen können) liegen, er kann aber auch zwischen Abgangs- und Ankunftsort innerhalb der Gemeinschaft liegen. Wie das logisch aufzulösen sei, bleibt rätselhaft, wenn mit Zwischenaufenthalt immer dasselbe gemeint ist. Jedenfalls war auch unklar, ob als "Zwischenaufenthalte" nur Halte anzusehen sind, bei denen neue Reisende zusteigen können (so das FG). Weil es sich um einen gemeinschaftsrechtlichen Begriff handelt, war eine Entscheidung des EuGH erforderlich.
2. Der EuGH stellt zu Recht auf den Zweck der Vorschrift ab.
Art. 8 Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL soll einheitlich den steuerlichen Anknüpfungspunkt für Lieferungen von Gegenständen festlegen, die an Bord eines Schiffs, eines Flugzeugs oder in einer Eisenbahn im Rahmen einer innerhalb des Gemeinschaftsgebiets beginnenden und endenden Reise erfolgen. Die Beschränkung der Besteuerung während des innerhalb der Gemeinschaft stattfindenden Teils einer Beförderung auf den Abgangsort des Beförderungsmittels bezweckt eine Vereinfachung, die Konflikte hinsichtlich der Besteuerungskompetenz der Mitgliedstaaten verhindert. Wenn die Vorschrift bei einem Zwischenaufenthalt außerhalb der Gemeinschaft das Vorliegen eines "innerhalb der Gemeinschaft stattfindende[n] Teil[s] einer Beförderung" ausschließt, soll sie auch in Bezug auf die Steuerregelungen von Drittländern die Gefahr von Kompetenzkonflikten verhindern, die bei Lieferungen von Gegenständen während einer Unterbrechung...