Leitsatz
Hat der VN entgegen der Obliegenheit nach § 2 Nr. 4 b VHB 66 Schmuckstücke im Wert von je über 1.000 DM in einer Schmuckkassette in einem Kleiderschrank aufbewahrt, zu dem der Schlüssel im Türschloss steckt, so hat diese Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls, wenn sich der Täter gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschafft, indem er mit roher Gewalt die Eingangstür aufwuchtet und auch trotz des im Schloss der Kleiderschranktür steckenden Schlüssels das Türschloss beim Öffnen des Schranks beschädigt.
Normenkette
§ 2 Nr. 4 b VHB 66, § 6 Abs. 2 VVG
Sachverhalt
Der Kläger nahm die Beklagte aus einem Hausratversicherungsvertrag, für den die VHB 66 galten, wegen des Diebstahls von Schmuck in Anspruch. Die Bekl. lehnte eine Entschädigung für die Schmuckstücke ab, weil der Kl. diese nicht ausreichend gesichert aufbewahrt habe.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. blieb erfolglos.
Entscheidung
Nach § 2 Nr. 4 b VHB 66 sind außer Gebrauch befindliche Schmucksachen mit einem Versicherungswert von über 1.000 DM je Sache nur in verschlossenen Behältnissen versichert, die eine erhöhte Sicherheit auch gegen Wegnahme der Behältnisse selbst gewähren. Es handele sich hierbei - so das OLG - um eine verhüllte Obliegenheit i. S. v. § 6 Abs. 1 VVG. Der Kl. habe diese Obliegenheit nicht eingehalten. Die Schmuckkassette habe keine erhöhte Sicherheit gegen die Wegnahme gewährt, da die Mitnahme des Behältnisses keine größeren Schwierigkeiten geboten habe als die des Schmucks selbst und somit kein gesteigerter Schutz gegeben war. Eine erhöhte Sicherheit i. S. der Vertragsbestimmung sei auch nicht dadurch gegeben gewesen, dass sich die Schmuckkassette in dem Kleiderschrank befand. Der Kleiderschrank sei zwar als Behältnis i. S. der Versicherungsbedingungen anzusehen. Der Verschluss war jedoch ungenügend gewesen, weil der Schlüssel in dem Schloss des Kleiderschranks steckte. Bei sinngemäßer Auslegung des § 2 Nr. 4 b VHB 66 sei die Obliegenheit nicht als erfüllt anzusehen, wenn der Schlüssel in dem versperrten Schloss steckt, so dass kein ernsthaftes Hindernis zur Überwindung des Verschlusses besteht.
Die Obliegenheitsverletzung habe aber keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls gehabt, so dass die Bekl. nicht leistungsfrei sei (§ 6 Abs. 2 VVG). Es stehe zur Überzeugung des Senats fest, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn der Kl. sich entsprechend den Versicherungsbedingungen verhalten hätte. Der Kausalitätsgegenbeweis sei geführt. Aus der Vorgehensweise des Täters bei dem Einbruch in die Wohnung des Kl. ergebe sich, dass er den Kleiderschrank auf jeden Fall aufgebrochen hätte, auch wenn der Schlüssel nicht gesteckt hätte. Es sei allgemein bekannt, dass Kleiderschränke beliebte Aufbewahrungsorte für Geld, Schmuck und Wertsachen sind. Deshalb würden diese Schränke, so auch im vorliegenden Fall, von Einbrechern regelmäßig durchsucht. Ein Täter, der sich - wie hier - gewaltsam Zutritt zur Wohnung verschaffe, indem er - ohne Hebelspuren - mit roher Gewalt die Eingangstür "aufwuchtet", so dass das Schließblech herausgebrochen wird, und auch trotz des im Schloss der Kleiderschranktür steckenden Schlüssels das Türschloss beim Öffnen des Schranks beschädigt, hätte den Kleiderschrank auch ohne den steckenden Schlüssel mit Gewalt aufgebrochen, um dieses beliebte "Versteck" zu durchsuchen.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.1996, 4 U 172/95