Rz. 22

Der Testator kann gem. Art. 422 ZGB auf den Todesfall über sein Vermögen frei verfügen, mit der Einschränkung, dass den Pflichtteilsberechtigten deren Pflichtteile zu hinterlassen sind.

 

Rz. 23

Gemäß Art. 386 ZGB können alle natürlichen Personen, die zur Zeit der Eröffnung der Erbschaft am Leben sind oder, wenn auch noch nicht geboren, so zumindest bereits gezeugt sind, Erbe sein. Des Weiteren sind noch der Staat (Art. 416, 417 ZGB) und andere juristische Personen (Art. 387 ZGB) erbfähig.

 

Rz. 24

Die Wirksamkeit eines Testaments wird nicht dadurch erschüttert, dass der Testator sich in einer Benennung oder Beschreibung geirrt hat (solange über die Absicht des Erblassers keine Zweifel bestehen), eine angegebene Eigenschaft einer Person oder Sache weggefallen ist oder aber sich ein angegebener Beweggrund als nicht den Tatsachen entsprechend erweist. Letzteres lässt die Wirksamkeit aber lediglich dann unberührt, wenn der Fall ausgeschlossen werden kann, dass der Erblasser ohne diesen Beweggrund gar nicht testiert oder die betreffende Verfügung gar nicht getroffen hätte.

 

Rz. 25

Nach den Art. 456 ff. ZGB führen auch Umstände wie Korrekturen, Ausstreichungen, Auslassungen und Fehlbenennungen grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit einer testamentarischen Verfügung, sofern im Wege der Auslegung (Art. 632 ff. ZGB) noch der mutmaßliche Wille des Testators zu ermitteln ist und die formellen Abweichungen offensichtlich diesem Willen eingegliedert oder untergeordnet werden können.

 

Rz. 26

Dem Testator steht nach Art. 427 ZGB das Recht zu, in seiner letztwilligen Verfügung die nach dem Gesetz zur Erbfolge Berufenen auszuschließen. Den Pflichtteilsberechtigten (dazu zählen nach Art. 423 ZGB der Ehegatte und die Deszendenten bzw., sofern diese nicht den Testator überdauert haben, die nächsten Aszendenten) kann ihr Pflichtteil nur aus gesetzlich vorgesehenen und in Art. 428 ZGB aufgezählten Gründen entzogen werden. Danach kann ein Erblasser einen Nachkommen enterben, wenn dieser

eine strafbare Handlung gegen das Leben, die Gesundheit, die Freiheit oder die Ehre des Testators, dessen Ehegatten oder Aszendenten begangen hat;
eine wissentlich falsche Anklage über eine strafbare Handlung der soeben erwähnten Personen erhoben hat;
den Testator in hilflosem Zustande verlassen hat trotz der Möglichkeit, ihm zu helfen;
verschwenderisch oder unsittlich gelebt hat;
die ihm gesetzlich auferlegte Pflicht, den Testator oder seinen Ehegatten zu unterhalten, nicht erfüllt hat;
versucht hat, den Testator an der Errichtung eines Testaments zu hindern;
zu Lebzeiten des Erblassers, ohne dessen Wissen und Einwilligung, mit einem Dritten einen Vertrag über seine zukünftige Erbschaft geschlossen hat.
 

Rz. 27

Seine Vorfahren kann der Erblasser nach Art. 429 ZGB auch dann enterben, wenn diese nicht für die Erziehung des Erblassers gesorgt haben.

 

Rz. 28

In der lettischen Gerichtspraxis werden die dargestellten Gründe für eine Enterbung der Pflichtteilsberechtigten eher restriktiv gehandhabt. Dementsprechend werden hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens eines genannten Grundes gestellt. In Anbetracht der jüngeren lettischen Rechtsgeschichte bleibt abzuwarten, welche konkreten Anforderungen sich durch die Gerichtsbarkeit herausbilden werden. Gesetzliche Regelungen wie die des Art. 430 ZGB, wonach eine Enterbung dann wieder nicht in Betracht kommt, wenn sich der Erblasser vor Errichtung des Testaments mit seinen gesetzlichen Erben ausgesöhnt oder diese einen positiven Lebenswandel vollzogen haben, zeigen, dass die äußerst unbestimmten Formulierungen zur Schaffung von Rechtssicherheit dringend einer einheitlichen und verbindlichen Rechtsprechung bedürfen. Bei der momentanen Gesetzeslage und der stetig ansteigenden Gesamterbmasse in Lettland ist jedenfalls mit einer Häufung erbrechtlicher Streitigkeiten und damit zunehmender Ausgestaltung des lettischen Erbrechts zu rechnen.

 

Rz. 29

Dem Erblasser steht das Recht zu, Ersatzerben einzusetzen sowie Vor- und Nacherbfolge anzuordnen (Art. 486 ff. ZGB). Ebenso kann der Erblasser nach Art. 494 ZGB sein ganzes Vermögen, einen Teil desselben oder aber einzelne Gegenstände zu gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken vermachen. Dabei kann auch eine vom Erblasser vorgesehene, neu zu gründende juristische Person Erbe sein.

 

Rz. 30

Das lettische Recht kennt auch Vermächtnisse (so z.B. das Nießbrauchsvermächtnis), welche im lettischen Zivilgesetzbuch als "Legate" (Art. 500 ff. ZGB) benannt sind.

 

Rz. 31

Das lettische Testament ist des Weiteren nicht bedingungsfeindlich. So kann der Testator gem. Art. 584 ZGB die Erbschaft bzw. das Vermächtnis sowohl unter aufschiebenden als auch unter auflösenden Bedingungen anordnen. Diese dürfen jedoch nicht physisch oder rechtlich unmöglich sein oder gegen die guten Sitten verstoßen (Art. 587 ZGB).

 

Rz. 32

Als Testament mit besonderem Inhalt ist das gegenseitige Testament anzusehen, das in den Art. 604 ff. ZGB gesetzlich geregelt ist. Darin ernennen sich zwei oder mehr P...

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