Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1499
Die nachstehenden Ausführungen befassen sich damit, ob in den Mietvertrag einbezogene allgemeine Geschäftsbedingungen von ihrem Inhalt her gemäß §§ 307–309 BGB wirksam sind. Ist dies nicht der Fall, bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, § 306 Abs. 1 BGB. Anstelle der unwirksamen Vertragsbestandteile treten die gesetzlichen Vorschriften, § 306 Abs. 2 BGB, ein. Diese Rechtsfolge hat für den Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen, in der Regel den Vermieter, meistens negative Konsequenzen, da er voraussichtlich bei der Kalkulation der Miete mit berücksichtigt hat, dass Pflichten, die an sich ihm aufgrund der Gesetzeslage obliegen, auf den Mieter übertragen wurden, insbesondere die Mietsache instand zu halten und instand zu setzen.
Rz. 1500
In diesen Fällen kann sich der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht auf bis dahin gültige Rechtsprechung berufen. Es gilt: Der Verwender hat das Risiko zu tragen, dass eine Klausel in späterer höchstrichterlicher Rechtsprechung für unwirksam erachtet wird.
Rz. 1501
Ob Klauseln inhaltlich wirksam sind, hängt von verschiedenen Umständen ab:
Zunächst ist jede Klausel anhand der Bestimmungen über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften zu prüfen, § 134 BGB (gesetzliches Verbot) und § 138 BGB (sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher). Sodann ist zu prüfen, ob die Klausel gegen bestimmte nicht der Disposition der Parteien unterliegenden gesetzlichen Bestimmungen verstößt. Dies ist gerade im Wohnraummietrecht sehr häufig der Fall.
Rz. 1502
Sollten sich hieraus gegen die Klausel keine Bedenken ergeben, ist erst danach die inhaltliche Wirksamkeit der Klausel anhand der Vorschriften der §§ 307–309 BGB zu prüfen. Ob eine Klausel danach wirksam ist, hängt davon ab, ob sie den Vertragspartner des Verwenders nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, § 307 BGB, oder nicht gegen die Klauselverbote aus §§ 308 und 309 BGB verstößt.
Rz. 1503
Wegen der allgemeinen Geltung dieser Vorschriften wird auf die Kommentierung in diesem Werk zu §§ 307–309 BGB verwiesen.
Im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber die Rechte und Pflichten in einem Wohnraummietverhältnis gesondert ausgestaltet hat, §§ 549 ff. BGB, werden die maßgeblichen Vertragsklauseln des Wohnraummietrechtes und die Vertragsklauseln der Geschäftsraummiete in den nachfolgenden Randnummern getrennt behandelt.
I. Die Wirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen im Wohnraummietrecht
1. Der Vorrang der halbzwingenden Vorschriften des Wohnraummietrechtes
Rz. 1504
Neben der Generalklausel des § 138 BGB (Verbot der Sittenwidrigkeit und des Wuchers) gelten mietrechtliche Nebenbestimmungen in den Gesetzen für den preisgebundenen Wohnraum, deren Regelungen nicht der Vertragsdisposition der Parteien unterliegen. Wesentlich für das Wohnraummietrecht sind allerdings die zahlreichen sogenannten halbzwingenden Vorschriften die die Vertragsfreiheit in der Weise eingeschränken, dass "eine zum Nachteil des Mieters von Wohnraum abweichende Vereinbarung […] unwirksam" ist.
Rz. 1505
Hierdurch hat der Gesetzgeber nicht abänderbares Recht geschaffen und auf diese Weise die Vertragsfreiheit für die Parteien eingeschränkt. Es handelt sich insbesondere um Vorschriften, die das Mietpreisrecht und den Kündigungsschutz des Mieters von Wohnraum betreffen. Im Einzelnen sind dies (Gesetzesstand 1.4.2017) die nachfolgenden Vorschriften:
Rz. 1506
Die Möglichkeit, durch Formularklauseln von den gesetzlichen Bestimmungen des Wohnraummietrechtes abzuweichen, besteht daher nur bezüglich der disponiblen Regelungen im allgemeinen Teil des Mietrechtes, §§ 535–548 BGB. Volle Vertragsfreiheit besteht auch für die besonderen Mietverhältnisse nach § 549 Abs. 2 und dort, wo der Gesetzgeber spezielle Öffnungsbestimmungen zugelassen hat, zum Beispiel § 555f BGB oder § 556b Abs. 1 BGB. Mithin beziehen sich allgemeine Geschäftsbedingungen in Wohnraummietverträgen in der Regel darauf, die gesetzlichen Bestimmungen, in denen der Gesetzgeber den Parteien Vertragsfreiheit gibt, zugunsten des Vermieters abzuändern. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die aus § 535 Abs. 1 BGB folgenden Kernpflichten des Vermieters. Diese Kernpflichten besagen:
Rz. 1507
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Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum ... |