Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1164
Im Falle höherer Gewalt scheidet eine Haftung in der Regel aus. Dies spricht daher zunächst dafür, Klauseln, die den Verwender im Falle von höherer Gewalt von Lieferpflichten oder einer Schadensersatzhaftung freistellen, als wirksam anzusehen, da sie nur die gesetzliche Wertung wiedergeben und damit kontrollfrei gemäß § 307 Abs. 3 BGB sind. Der Leistungsschuldner wird gemäß § 275 BGB von seiner Lieferpflicht frei; sekundäre Schadensersatzansprüche greifen nur bei Verschulden ein. Dennoch kann es durch derartige Klauseln zu einer nicht mehr angemessenen Risikoverteilung zwischen den Vertragspartnern kommen. Gemäß § 311 Abs. 2 BGB haftet der Leistungsschuldner bei anfänglicher Unmöglichkeit, wenn er die Unmöglichkeit kannte. Bei gegenseitigen Verträgen entfällt bei Unmöglichkeit der Anspruch auf die Gegenleistung. Auch besteht im Verzugsfall gemäß § 287 S. 2 BGB eine Haftung für Zufall. Freizeichnungsklauseln, die den Eindruck erwecken, dass sie diese gesetzlichen Wertungen nicht berücksichtigen, sind gemäß § 307 BGB unwirksam. So ist nach der Rechtsprechung bei einem Fitnessvertrag eine Klausel, nach der sowohl Ersatzstunden als auch Schadensersatz ausgeschlossen wurden, wenn es dem Studio aus nicht zu vertretenden Gründen unmöglich wird, die Leistung zu erbringen, jedenfalls dann unwirksam, wenn die Beitragspflicht entgegen § 323 BGB bestehen bleibt. Eine Freizeichnung von Ansprüchen aus culpa in contrahendo bedeutet einen nachträglichen Verzicht, da der Anspruch bereits entstanden sein kann, wenn die AGB Vertragsinhalt werden. Ohne deutlichen Hinweis hierauf ist eine derartige Klausel stets unwirksam. Gewähren "Höhere Gewalt"-Klauseln ein Rücktrittsrecht, sind sie wirksam, wenn sie nur beim Eingreifen des § 275 BGB gelten sollen; gelten sie allerdings auch für nur vorübergehende Leistungshindernisse, sind sie unwirksam. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Klausel bei nicht vom Verwender zu vertretenden Umständen wie Streik und Aussperrung ein Rücktrittsrecht gewährt. Diese Ereignisse sind naturgemäß zeitlich begrenzt. Wird das außerordentliche Kündigungsrecht des Vertragspartners für den Fall von Lieferstörungen durch höhere Gewalt im Dauerschuldverhältnis ausgeschlossen, ist diese Klausel unangemessen und gemäß § 307 BGB daher unwirksam. Regelt der Verwender, dass der Vertragspartner auch in Fällen höherer Gewalt gegenüber dem Verwender haftet, verstößt die Klausel in der Regel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie mit dem gesetzlichen Verschuldensprinzip nicht vereinbar ist.