Um unerwartet auftretende Erfüllungshindernisse zwischen den Parteien zu regeln, werden nicht selten, besonders bei internationalen Verträgen und bei Liefer-, Reise- und Transportverträgen vertragliche Regelungen getroffen, die die Voraussetzungen für das Vorliegen höherer Gewalt definieren und die Risikoverteilung für ein solches nach Vertragsschluss aufgetretenes Erfüllungshindernis zwischen den Parteien festlegen. Dies macht es aussichtsreicher, sich vor Gericht auf höhere Gewalt zu berufen, zumindest sofern es sich um eine gelungene Klausel handelt.
AGB-Klauseln zu höherer Gewalt nach deutschem Recht
Verwender setzen „Höhere Gewalt-Klauseln“ in erster Linie haftungsrechtlich als
Freizeichnungsklauseln ein, um sich beim Eintritt von höherer Gewalt von Verpflichtungen gegenüber der anderen Partei frei zu zeichnen, indem sie Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche des Vertragspartners oder ihre Leistungspflicht im Falle der höheren Gewalt ausschließen. Gelegentlich wird auch die Option von Neuverhandlungen unter Berücksichtigung der eingetretenen Entwicklung vereinbart. Höhere-Gewalt-Klauseln in AGB unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB und damit u.a. dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie sollten deshalb möglichst klar und eindeutig formuliert sein. Hier droht z. B. Unwirksamkeit bei Verwendung des Begriffs „sonstige Ereignisse“ durch einen dem Verwender eingeräumten „ungerechtfertigten Beurteilungsspielraum“ (Friedrich Graf von Westphalen, ZVertriebsR 5/2020 S.229).
Muster von AGB-Klauseln
Verbreitet sind zur höheren Gewalt im deutschen Rechtsraum eher einfache Klauseln wie „In Fällen höherer Gewalt ist die hiervon betroffene Vertragspartei für die Dauer und im Umfang der Auswirkung von der Verpflichtung zur Lieferung oder Abnahme befreit.“
Eine solche Formulierung ist allerdings recht vage und kann in Auseinandersetzungen die nötige Eindeutigkeit vermissen lassen, die einen Rechtsstreit verhindert. Vorteilhafter ist eine Konkretisierung möglicher Eintrittsbedingungen, beispielsweise wie folgt:
„In Fällen höherer Gewalt, wie insbesondere Brandschäden, Überschwemmungen, Streiks, rechtmäßigen Aussperrungen, Seuchen wie Epidemien und Pandemien, soweit ein Gefahrenniveau von mindestens „mäßig“ durch das Robert-Koch-Institut festgelegt ist, ist die hiervon betroffene Vertragspartei für die Dauer und im Umfang der Auswirkung von der Verpflichtung zur Lieferung oder Abnahme befreit.“
Regelung der Rechtsfolgen höherer Gewalt
Als Rechtsfolgen kommen neben der Befreiung von einzelnen Leistungspflichten in Betracht:
- Komplette Auflösung des Vertrages bei Vorliegen der vertraglich definierten Voraussetzungen,
- Aussetzung einzelner Vertragspflichten, die nach dem Ende des außerordentlichen Ereignisses wieder aufleben.
- Festlegung einer Zeitspanne, innerhalb derer die Vertragspflichten ausgesetzt werden. Wenn das Ereignis über diese Zeitspanne hinaus andauert, hat jede Partei ein Kündigungsrecht oder der Vertrag wird aufgelöst.
- Vereinbarung von Nachverhandlungen, um den höheren Anforderungen an die Erfüllung der Leistungspflicht durch eine angepasste Gegenleistung Rechnung zu tragen.
Anzeigepflichten im Zusammenhang mit höherer Gewalt
Die durch höhere Gewalt an der Erfüllung ihrer Vertragspflichten gehinderte Vertragspartei muss die andere unverzüglich bzw. entsprechend der im Vertrag geregelten Vorgaben von der drohenden Leistungsproblematik infolge des zu benennenden höherer Gewalt-Ereignisses informieren. In der Regel wird vereinbart, dass der von höherer Gewalt Betroffene den Vertragspartner innerhalb einer bestimmten Frist informieren muss (Anzeigepflicht), andernfalls die vereinbarten Rechtsfolgen nicht eingreifen.