Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1054
In der Kreditpraxis werden bei Abschluss von Grundschulddarlehen ebenso wie bei einer Bürgschaft regelmäßig formularmäßige Zweckerklärungen verwendet, sodass die Ausführungen hierzu entsprechend für die Sicherungszweckerklärung einer Sicherungsgrundschuld – wenn auch mit einigen Ausnahmen – gelten (siehe Stichwort "Bürgschaft" Rdn 785). Ausnahmen gelten immer dann, wenn sich die Unterschiede zwischen Bürgschaft und Sicherungsgrundschuld in Bezug auf den Haftungsumfang auswirken. Anders als der Bürge muss der Grundschuldgläubiger nicht den Verlust künftigen Vermögens befürchten, da seine Haftung auf das Grundstück beschränkt ist, wenn er nicht neben der Grundschuld auch die Haftung mit seinem persönlichen Vermögen erklärt hat. Die Beweislast für die Einbeziehung einer Sicherungszweckerklärung trägt nach allgemeinen Grundsätzen gemäß § 305 BGB der Gläubiger. Beschränkt sich die Sicherungsabrede auf einzelne Ansprüche, so unterliegt sie ohne Einschränkungen der AGB-Kontrolle. Soweit sich eine Sicherungszweckerklärung auf Forderungen erstreckt, die nicht Anlass der Grundschuldbestellung gewesen sind, spricht man indessen von einer weiten Sicherungszweckerklärung. Ob hier § 307 BGB anwendbar ist, ist umstritten.
I. Überraschungscharakter gemäß § 305c Abs. 1 BGB
Rz. 1055
Soweit persönlicher Schuldner und Sicherungsgeber identisch sind, ist eine weite Sicherungszweckerklärung grundsätzlich nicht überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB. Für den Sicherungsgeber ist bei einer Grundschuldbestellung überschaubar, in welcher Höhe er mit seinem Grundstück haftet. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen § 305c Abs. 1 BGB vor, wenn die Haftung auf alle künftigen Forderungen des Sicherungsnehmers gegen den Sicherungsgeber erstreckt wurde. War aber der Anlass für die Grundschuldbestellung eine konkrete Schuld des Sicherungsgebers, so verstößt eine weite Sicherungszweckerklärung gegen § 305c Abs. 1 BGB, wenn alle bestehenden und künftigen Forderungen auch gegen einen Dritten einbezogen werden. Es ist auch nicht per se überraschend, wenn der Sicherungsgeber zugleich die persönliche Haftung übernimmt. Während die Forderungserstreckung auf künftige Forderungen den Sicherungszweck erweitert, führt die persönliche Haftungsübernahme nicht zu einer Erweiterung des Sicherungszwecks hinsichtlich der Grundschuld. Die Haftungssumme wird hierdurch nicht verdoppelt, da die Erklärung regelmäßig so auszulegen ist, dass die persönliche Haftungsübernahme an die Inhaberschaft der Grundschuld gekoppelt ist. Nur wenn eine von der Inhaberschaft an der Grundschuld unabhängige Haftung begründet würde, wäre im Falle der Weiterübertragung der Grundschuld die Gefahr einer doppelten, unter Umständen sogar mehrfachen Inanspruchnahme gegeben. Eine Ausnahme hierzu gilt, wenn die persönliche Haftungsübernahme mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung verbunden ist (siehe hierzu Rdn 1070).
Rz. 1056
Ist der Sicherungsgeber nicht der persönliche Schuldner, ist eine Sicherungszweckerklärung, wonach die Grundschuld auch solche über den Anlass der Grundschuldbestellung hinausgehende Forderungen eines Dritten absichert, als überraschend i.S.v. § 305c Abs. 1 BGB einzustufen (Anlassrechtsprechung). Bei der Frage, was der Anlass der Sicherheitenbestellung war, soll es auf den Zeitpunkt der Zweckerklärung ankommen, wenn diese zeitlich nach der Grundschuldbestellung erfolgt ist. Das gilt ebenso, wenn der Dritte der Ehegatte des Sicherungsgebers ist. Aber auch dann, wenn der Dritte selbst Sicherungsgeber ist, ist eine über den Anlass der Grundschuldbestellung hinausgehende Sicherungszweckerklärung überraschend. Bestellen etwa Miteigentümer eines Grundstücks aus Anlass der Sicherung bestimmter gemeinsamer Verbindlichkeiten eine Grundschuld, ist die formularmäßige Sicherungsabrede, wonach die Grundschuld am eigenen Miteigentumsanteil auch alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten des anderen Miteigentümers sichert, regelmäßig als überraschend einzustufen. Dies gilt gleichfalls, wenn die Miteigentümer an dem Grundstück Eheleute sind. Die familiäre Bindung ändert am Überraschungscharakter einer über den Anlass der Sicherheitenbestellung hinausgehenden Haftung nichts. Ebenso verhält es sich bei einer entsprechend weiten Zweckerklärung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Soll die von einer GbR eingeräumte Grundschuld auch sonstige private Darlehen der Gesellschafter sichern, ist dies für die GbR überraschend. Unwirksam ist in einem Formularvertrag die gegenseitige Ermächtigung mehrerer Sicherungsgeber die Sicherungsabrede zu erweitern. Daher sind Nachfolgeklauseln unwirksam, die die Schuld eines neuen Geschäftsinhabers in die Haftung einbeziehen.