Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1042
Innerhalb seines Anwendungsbereiches verdrängt Art. 25 EuGVVO das nationale Recht als lex specialis. Von daher ist ein Rückgriff auf § 38 ZPO für die Bestimmung der Gerichtszuständigkeit ausgeschlossen. Dies gilt auch für eine Missbrauchskontrolle gemäß § 307 BGB. Die Frage, ob die Vertragsparteien sich auf ein Gericht eines Mitgliedstaates geeinigt haben, ist allein anhand Art. 25 EuGVVO zu prüfen. Es muss folglich eine Vereinbarung der Parteien über die Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedslandes vorliegen und diese muss den Formvorschriften der Regelung entsprechen. Eine derartige Vereinbarung kann auch formularmäßig erfolgen. Gleichwohl erfolgt keine eigene Einbeziehungskontrolle nach §§ 305, 305c BGB.
1. Vereinbarung
Rz. 1043
Nach Auffassung des EuGH hat das angerufene Gericht zu prüfen, ob die seine Zuständigkeit begründende Klausel tatsächlich Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war, die klar zum Ausdruck gekommen ist. Die Formerfordernisse des Art. 25 EuGVVO sollen gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht. Damit werden Konsens und Form miteinander vermengt. Die Literatur spricht deswegen von "unauflösbarer Einheit" von Form und Konsens.
Rz. 1044
Nach zutreffender Auffassung enthält Art. 25 EuGVVO hinsichtlich der für Vertragsschlüsse relevanten Aspekte wie Rechts- und Geschäftsfähigkeit oder Vertretungsmacht und die Rechtsfolgen von Willensmängeln keine eigenen Regelungen, sodass diese Fragen nach dem materiellen Recht zu beurteilen sind, das nach IPR maßgebend ist (Vertragsstatut).
2. Formvorschriften
Rz. 1045
Gerichtsstandsvereinbarungen können gemäß Art. 25 EuGVVO geschlossen werden:
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schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung (sog. halbschriftlich); |
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in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder |
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im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht. |
Rz. 1046
Das Erfordernis der Schriftlichkeit dient der Sicherstellung der Feststellung einer Willenseinigung über die Gerichtsstandsabrede. Hat nur der Käufer den Vertrag mit der Gerichtsstandsvereinbarung unterschrieben, so genügt für die Einhaltung des Schriftormerfordernisses gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 3a LugÜ/Art. 25 Abs. 1 S. 3a EuGVVO, dass die Parteien die ihnen nach dem Vertrag obliegenden Leistungen zeitnah erbracht haben, was die Willensübereinstimmung der Parteien auch hinsichtlich der Gerichtsstandsvereinbarung belege. Sind Gerichtsstandsvereinbarungen in AGB auf der Rückseite einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde abgedruckt, genügt dieses nicht für die Einhaltung des Erfordernisses der Schriftlichkeit gemäß Art. 25 EuGVVO. Dem Erfordernis ist nur dann Rechnung getragen, wenn der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext auf diese allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich Bezug nimmt. Hierbei ist nicht erforderlich, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestandteil der unterzeichneten Vertragsurkunde sind. Es genügt in einem Fall, in dem die Vertragsurkunde auf ein früheres Angebot verweist, dass dieses Angebot deutlich auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist und der andere Vertragsteil die die allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Gerichtsstandsklausel auch erhalten hatte. Keine Willenseinigung konnte der EuGH in dem Fall feststellen, wenn ein Vertragsschluss mündlich vereinbart wird und der Verkäufer hierbei auf seine nicht vorliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist und er dem Käufer im Anschluss hieran den Vertragsschluss schriftlich bestätigt unter Beifügung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nach Ansicht des EuGH kann hier nicht unterstellt werden, dass der Käufer mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der darin enthaltenen Gerichtsstandsklausel einverstanden war.
Rz. 1047
Gemäß Art. 25 Abs. 2 EuGVVO sind elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, der Schriftform gleichgestellt. Unter diese Vorschrift fallen etwa E-Mails. Der EuGH hat in seinem Urt. v. 21.5.2015 – C 322/14 festgestellt, dass bei einem auf elektronischem Wege geschlossenen Kaufvertrag, der eine Gerichtsstandsvereinbarung enthält, durch das "click wrapping" den Anforderungen an eine elektronische Übermittlung im Sinne von Art. 23 Abs. 2 EuGVVO a.F., der wortgleich ist mit Art. 25 Abs. 2 EuGVVO, genügt. Weder ist erforderlich, dass sich die Internetseite mit den AGB bei dem Geschäftsabschluss automatisch öffnet, noch dass die AGB tatsächlich ausgedruckt oder gespeichert werden. Der...