Entscheidungsstichwort (Thema)
Internationale Zuständigkeit für einen Antrag im selbständigen Beweisverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelungen der Art. 5 ff. EuGVVO finden auch im selbständigen Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO Anwendung, wenn in Zivil- oder Handelssachen der Antragsgegner seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der EU hat.
2. Eine Gerichtsstandvereinbarung gem. Art. 23 Abs. 1 S. 3 Buchst. a EuGVVO wird wirksam durch Einbeziehung der AGB einer Partei getroffen, wenn diese Partei mit Annahme des Angebots ihre AGB, die die Gerichtsstandsvereinbarung enthalten, dem Vertragspartner zugesandt hat und dieser daraufhin die AGB schriftlich bestätigt.
Normenkette
EuGVVO Art. 5, 23; ZPO § 485
Verfahrensgang
AG Köln (Beschluss vom 02.03.2006; Aktenzeichen 143 H 5/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Köln vom 2.3.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
1. Der Antragsteller hat unter dem 14.3.2006 beim AG Köln einen Antrag im selbständigen Beweisverfahren gegen die Antragsgegnerin gestellt, und diese konkretisiert als "Niederlassung L., in L.-S., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn X. bzw. - so später korrigiert - Q". Ziel des Antrags ist die Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob in einem bei der Antragsgegnerin erworbenen Niederflurbus der Einbau eines Schwingsitzes möglich ist. Ein solcher Schwingsitz soll vereinbart gewesen sein. Die Antragstellerin hält das AG Köln für örtlich zuständig, da die Antragsgegnerin dort eine selbständige Niederlassung unterhalte, über die das Geschäft getätigt worden sei. Das bestreitet die Antragsgegnerin, die vorträgt, ihr Firmensitz sei in den Niederlanden, sie unterhalte keine Niederlassung in Deutschland, Herr Q. betreibe eine selbständige Handelsvertretung.
Das AG hat den Antrag mit der Begründung abgelehnt, das AG Köln sei jedenfalls nicht örtlich zuständig, wenn überhaupt eine internationale Zuständigkeit für die Bundesrepublik Deutschland bestehe. Es sei nicht auszuschließen, dass Herr Q. ein selbständiger Handelsvertreter sei, somit an dessen Sitz nicht zugleich eine Zweigniederlassung eines Unternehmens begründet sein könne. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. In dem Beschwerdeverfahren werden von beiden Parteien die Frage einer selbständigen Niederlassung der Antragsgegnerin sowie der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einschließlich einer Gerichtsstandsvereinbarung, die mit diesen vereinbart worden sein soll, thematisiert. Es liegen verschiedene Allgemeine Geschäftsbedingungen vor, und zwar zunächst die mit der Bestellung vom 21.11.2004 eingebrachten, sodann die von der Antragsgegnerin mit ihrer Bestätigung vom 28.11.2004 verwendeten.
2. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Auch der Hilfsantrag des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.
Das AG Köln hat den Antrag zu Recht zurückgewiesen, da es international und örtlich unzuständig ist.
Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts beurteilt sich allein nach den Regelungen der EG-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 - Verordnung Nr. 44/2001 - (EuGVVO). Gemäß Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuGVVO findet die Verordnung grundsätzlich in allen Zivil- und Handelssachen Anwendung, somit auch auf das selbständige Beweisverfahren gem. §§ 485 ff. ZPO. Auch aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 EuGVVO, die davon ausgehen, dass eine Person "verklagt" wird, folgt nichts anderes. Denn damit ist nicht etwa eine Beschränkung auf Klagen im formellen Sinn des § 253 ZPO gemeint, sondern lediglich klargestellt, dass die Zuständigkeitsregeln nur für streitige Verfahren wie das vorliegende gelten (Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Anh. 1 Art. 2 EuGVVO Rz. 12). Nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 60 Abs. 1 EuGVVO kann eine juristische Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gem. Art. 5 ff. EuGVVO verklagt werden. In diesem Fall wird auch die örtliche Zuständigkeit alleine durch Art. 5 ff. EuGVVO bestimmt, §§ 12 ff. ZPO sind unanwendbar (Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Anh. 1 Art. 2 EuGVVO Rz. 6).
Eine Ausnahme von der ausschließlichen Anwendbarkeit der EuGVVO für die internationale und örtliche Zuständigkeit ergibt sich vorliegend auch nicht aus Art. 31 EuGVVO, der für das Gebiet des einstweiligen Rechtsschutzes die Anwendbarkeit des nationalen Zuständigkeitsrechts (neben dem der EuGVVO) zulässt. Denn selbständige Beweisverfahren fallen nicht unter den Begriff der "einstweiligen Maßnahmen" i.S.d. Art. 31 EuGVVO (EuGH, Urt. v. 28.4.2005, JZ 2005, 1166).
Ob hier der besondere Gerichtsstand der Niederlassung gem. Art. 5 Nr. 5 EuGVVO mit der Folge einer Zuständigkeit des AG Köln in Betracht kommt, kann offen bleiben. Es liegt nämlich eine wirksame Gerichtsstandsverein...