Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1775
Die wesentlichen und lange Zeit weit verbreiteten AGB Textilreinigung sind gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.
Natürlich besteht bei Reinigungen das Interesse, die Haftung zu begrenzen; ob dies jedoch durch die jahrelang übliche Klausel möglich war, wonach der 15-fache Reinigungspreis zugrunde gelegt werden kann, erschien seit langem höchst fraglich.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen beanstandet nach dem UKlaG mit Erfolg die jahrelang üblichen und weit verbreiteten Reinigungsbedingungen der Textilindustrie.
Rz. 1776
Die durch den beklagten Textilreinigungsverband verfassten "Lieferungsbedingungen des deutschen Textilreinigungsgewerbes" wurden als "Konditionenempfehlung" beim Bundeskartellamt angemeldet und im Amtsblatt veröffentlicht. In Nr. 5 der Bedingungen sind folgende Regelungen zur Haftungsgrenze enthalten:
"Der Textilreiniger haftet für den Verlust des Reinigungsgutes unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes."
Für Bearbeitungsschäden haftet der Textilreiniger nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit unbegrenzt in Höhe des Zeitwertes.
Ansonsten ist die Haftung auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt.
Achtung:
Unsere Haftung kann auf das 15fache des Bearbeitungspreises begrenzt sein (siehe Nr. 5 AGB). Sie können aber unbegrenzte Haftung in Höhe des Zeitwertes, z.B. durch Abschluss einer Versicherung, vereinbaren.“
Rz. 1777
Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände hielt diese Regelungen gemäß §§ 307 ff. BGB für unwirksam und nahm den Beklagten deshalb gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung der Empfehlung dieser Bedingungen für die Einbeziehung in Verträge über die Reinigung von Textilien mit Verbrauchern in Anspruch. Die Klage war in allen drei Instanzen erfolgreich.
Rz. 1778
Der BGH führt aus, dass die ersten beiden Sätze der Klausel wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7b BGB unwirksam seien, weil sie die Haftung des Reinigungsbetriebes für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden am Reinigungsgut auf den Zeitwert beschränken. Dies könne jedoch so verstanden werden, dass der Zeitwert geringer ist als der Wiederbeschaffungswert, der an sich auszugleichen ist.
Die Klausel, die bei leicht fahrlässiger Beschädigung des Reinigungsgutes die Höhe der Haftung auf das 15-fache des Reinigungspreises beschränkt, benachteilige den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und sei nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Der Reinigungspreis stelle keinen tauglichen Maßstab für die Begrenzung der Haftung dar, weil er zu der möglichen Schadenshöhe in keinerlei Relation stehe. Die Möglichkeit des Abschlusses einer vom Kunden zu bezahlenden Versicherung stelle keine ausreichende Kompensation dar, weil die Klausel nicht sicherzustellen vermöge, dass der Reiniger den Kunden hierauf in jedem erforderlichen Fall ausdrücklich mündlich hinweise.
Rz. 1779
Bei Unwirksamkeit der Haftungsbeschränkung haftet der Textilreiniger in voller Höhe. Keine Reinigung kann sich nach diesem Urteil mehr auf ihre AGB berufen, um die Haftung zu begrenzen. Ob hierzu § 11 UKlaG analog heranzuziehen ist, mag dahinstehen, denn kein Gericht würde hier das Urteil des BGH in Frage stellen. Das Urteil war längst überfällig, da derartige Klausel jahrzehntelang und erkennbar unwirksam auf dem Markt waren und für Verwunderung sorgten. Die Bereinigungsfunktion des AGB-Rechts hat hier also recht spät gegriffen, und dies trotz Verbandsverfahren. Als "Konditionenempfehlung" bleibt daher nur eine allgemeine Haftungsbegrenzung, wie diese auch aus Werkverträgen bekannt ist. Da Beklagte der Verband war, kann weiterhin jede Reinigung abgemahnt werden, die ihre Bedingungen nicht geändert hat. Gerichte haben die Unwirksamkeit von AGB im Individualprozess sogar von Amts wegen zu beachten, daher ist § 11 UKlaG eine an sich überflüssige Regelung.
Rz. 1780
Auch in anderen Bereichen, etwa dem Versicherungsrecht, wird es wohl kaum möglich sein, die Einstandspflicht an den Versicherungsbeitrag zu knüpfen. Sollten zukünftig Formulare Verwendung finden mit zwei Optionen (zwei Kästchen zum Ankreuzen: billig ohne Versicherung und teuer mit Versicherung), so kann dies zulässig sein.