Rz. 1469

Besonderheiten bestehen bei der Geltung und der Anwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen, wenn der Mietvertrag gleichzeitig ein Verbrauchervertrag, § 310 BGB ist. Ein solcher Verbrauchervertrag liegt vor, wenn der Vermieter als Unternehmer und der Mieter als Verbraucher agiert.

1. Unternehmer- und Verbraucherbegriff im Mietrecht

 

Rz. 1470

Die gesetzliche Definition findet sich in § 14 BGB (Unternehmerbegriff) bzw. in § 13 BGB (Verbraucherbegriff).

 

Rz. 1471

Unternehmer ist jede natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen Berufstätigkeit handelt.

 

Rz. 1472

Ob ein Vermieter, der zwecks Anlage und Verwaltung seines privaten Vermögens mit einigen, wenigen Mietwohnungen am Marktgeschehen teilnimmt, Unternehmer ist, kann fraglich sein. Die Abgrenzung von privater und gewerbsmäßiger Vermögensverwaltung soll maßgeblich nach dem Umfang der mit ihr verbundenen Geschäfte erfolgen.[2948] Sofern dieser einen planmäßigen Geschäftsbetrieb, wie etwa die Unterhaltung eines Büros oder einer Organisation erfordert, liegen eine gewerbsmäßige Vermögensverwaltung und damit eine unternehmerische Tätigkeit vor. Namentlich bei der Vermietung von Immobilien ist nicht auf deren Größe, sondern auf Umfang, Komplexität und Anzahl der damit verbundenen Vorgänge abzustellen.[2949] Ob man in Anbetracht des Vorstehenden die Unternehmereigenschaft ausschließlich an der Anzahl der zur Vermietung zur Verfügung stehenden Wohnungen festmachen kann, ist daher fraglich. So soll nach vereinzelten Entscheidungen die Unternehmereigenschaft bereits bei der Vermietung von mehr als zwei Wohnungen gegeben sein, während auch vertreten wird, dass die Vermietung von mehr als sechs oder acht Wohnungen notwendig sei.[2950] In jedem Fall wird ein privater Vermieter von mehr als zehn Wohnungen in der Regel als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB eingestuft werden müssen.[2951]

 

Rz. 1473

Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Demgemäß dürfte es sich bei einem Mietvertrag über Wohnraum regelmäßig um einen Verbrauchervertrag handeln, denn die Anmietung der Räumlichkeiten erfolgt nicht zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken, sondern allein zur Deckung des privaten Wohnbedarfs.

 

Rz. 1474

Dies dürfte auch dann gelten, wenn der Mieter bei Abschluss des Mietvertrages sich durch einen Rechtsanwalt, einen Mieterberater oder durch einen unternehmerisch tätigen Hausverwalter vertreten lässt.[2952] Grundsätzlich kommt es für die Abgrenzung von unternehmerischem und privatem Handel im Sinne der §§ 13, 14 BGB im Falle einer Stellvertretung auf die Person des Vertretenen an.[2953]

 

Rz. 1475

Der Abschluss des Wohnraummietvertrages ist immer ein Verbrauchervertrag, wenn dem Vermieter Unternehmereigenschaft zuzubilligen ist. Anders bei Mietverträgen über Geschäftsräume. In diesen Fällen wird der Mieter in der Regel nicht als Verbraucher tätig, weil die Anmietung der gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit des Mieters zuzurechnen sein wird. Dies gilt nicht, wenn Mietverträge über nicht zu Wohnzwecken dienende Räume abgeschlossen werden, die nicht den gewerblichen beruflichen Zwecken des Mieters zuzuordnen sind. Dies können Verträge sein über Garagen, Abstellräume, Hobbyräume etc.

 

Rz. 1476

Bei so genannten Mischmietverhältnissen, also solchen Mietverträgen, bei denen der Mieter die angemieteten Räume sowohl gewerblich als auch zu Wohnzwecken nutzen darf, wird man die Frage nach der Verbrauchereigenschaft des Mieters unter Anwendung der so genannten Übergewichtstheorie entscheiden müssen, das heißt, ist die Frage zu klären, in welchem Bereich das Mietverhältnis seinen Schwerpunkt hat.[2954]

 

Rz. 1477

Die Beweislast für das Vorliegen einer Verbrauchereigenschaft trägt der Mieter, wenn er sich auf seine Verbrauchereigenschaft beruft.[2955]

[2948] BGH NJW 2002, 368, 369.
[2949] Hinz, Verbraucherverträge im Mietrecht, WM 2016, 76, 79.
[2950] AG Frankfurt/Main, WuM 1998, 418; AG Köln, WuM 2007, 123; LG Waldshut-Tiengen, ZMR 2009, 372.
[2951] Hinz, Verbraucherverträge im Mietrecht, WM 2016, 76, 79.
[2952] Zur Verbrauchereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft: BGH WuM 2015, 370.
[2953] Hinz, Verbraucherverträge im Mietrecht, WuM 2016, 76, 78.
[2954] BGH NJW 1977, 1394.
[2955] BGH NJW 2009, 3780; Staudinger/Schlosser (2013), § 310, Rn 50.

2. Der unternehmerisch tätige Vermieter als Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen

 

Rz. 1478

Liegt ein Verbrauchervertrag vor, gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen als vom Vermieter gestellt, es sei denn, diese sind durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt worden. Durch diese Regelung wird vermutet, dass die vorformulierten Bedingungen vom Vermieter gestellt wurden. Dieser kann zu seiner Entlastung aber vorbringen oder im Bestreitensfall beweisen, dass die Regelungen auf Initiative des Mieters (Verbrauchers) in den Vertrag gelangt sind.[2956]

[2956] Staudinger/Schl...

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