Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1127
Das HGB enthält keine besonderen Regelungen mehr für die Verjährung von Ansprüchen aus Handelsvertreterverhältnissen. Es gelten also die allgemeinen Vorschriften (§§ 194–213 BGB). § 88 HGB, der bis 14.12.2004 eine vierjährige Verjährungsfrist vorsah, ist aufgehoben. Das bedeutet aber nicht, dass die Rechtsprechung zum Schutz des Handelsvertreters, die unter dem alten § 88 HGB entwickelt wurde, gegenstandslos geworden wäre. Der Gesetzgeber wollte das Verjährungsrecht vereinheitlichen, nicht aber die Rechtsstellung der Handelsvertreter verschlechtern.
Rz. 1128
Daher ist die vertragliche Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen individualvertraglich und AGB-mäßig möglich, wenn die Abkürzung "bei Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Handelsvertreter und Unternehmer" einem "billigenswerten Interesse zumindest einer Partei entspricht".
Rz. 1129
Die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit der Abkürzung der Verjährungsfrist für Provisionsansprüche und Provisionsnebenansprüche, insbesondere für den Buchauszugsanspruch des Handelsvertreters befasst. Die vertragliche Abkürzung der Verjährungsfrist trägt einem an sich billigenswerten Interesse der Parteien im kaufmännischen Verkehr Rechnung, rasch Klarheit über ihre Rechtsbeziehungen zu schaffen. Solche Abreden sind aber jedenfalls AGB-mäßig unwirksam, wenn unter der verkürzten Verjährungsfrist Provisionsansprüche des Handelsvertreters verjähren können,
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ohne dass der Handelsvertreter angemessene Zeit zur Geltendmachung seiner Ansprüche hatte, oder |
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wenn sie verjähren können, bevor der Handelsvertreter von ihrer Entstehung Kenntnis erlangt hat (oder hätte erlangen können, wenn er nicht grob fahrlässig gehandelt hätte), oder |
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wenn die Verjährung nach dem Wortlaut der Klausel vor der Fälligkeit der Ansprüche des Handelsvertreters eintreten kann. |
Rz. 1130
§ 199 BGB verlangt für den Beginn der Verjährung grundsätzlich Fälligkeit eines Anspruchs und Kenntnis des Gläubigers (der grob fahrlässige Unkenntnis gleich gestellt ist). Dieser gesetzlichen Regelung kommt Leitbildfunktion zu. Eine Abweichung hiervon ist eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragsteiles.
Rz. 1131
Ob allerdings der Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Buchauszug, wie das OLG Oldenburg meint, nicht bereits mit der Erteilung der Abrechnung für den betreffenden Zeitraum, sondern für jedes einzelne Geschäft erst dann eintritt, wenn dem Handelsvertreter eine vollständige und abschließende Abrechnung über das jeweilige einzelne Geschäft erteilt worden ist, erscheint zweifelhaft und ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Dies hätte nämlich zur Folge, dass der Anspruch auf Buchauszug immer erst nach zehn Jahren verjährt, was nicht gewollt sein kann. So hatte der BGH zum alten Recht ausgeführt, dass "[…] oft erst nach Auflösung des Vertragsverhältnisses […] die Rechte aus § 87c HGB geltend gemacht [werden] […], [den Prinzipal] vor einer Nachholung für einen allzu lange zurückliegenden Zeitraum […] die Verjährungsvorschrift des § 88 HGB schützt". Würde man der Auslegung des OLG Oldenburg folgen, wäre seit der Streichung des § 88 HGB durch das Gesetz zur Anpassung der Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts dieser Schutz des Prinzipals abhanden gekommen. Entsprechend dürfte aber zumindest eine Regelung, die den Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Buchauszug an die Erteilung der Abrechnung anknüpft, AGB-rechtlich nicht zu beanstanden sein.