Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 2162
Grundlegend ist ein aktuelles BGH-Urteil zu Übersetzerhonoraren, wobei es im Ansatz nicht darauf ankommt, ob AGB vorliegen oder eine Individualabrede getroffen wurde.
Rz. 2163
Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat hier seine Rechtsprechung zur angemessenen Honorierung von Übersetzern bestätigt und fortgeführt.
Rz. 2164
Folgender Sachverhalt lag dem zugrunde: Der klagende Übersetzer hatte sich gegenüber dem beklagten Verlag im Oktober 2002 zur Übersetzung eines Sachbuchs aus dem Englischen ins Deutsche verpflichtet. Er räumte dem Verlag umfassende Nutzungsrechte an seiner Übersetzung ein. Dafür erhielt er das vereinbarte Honorar von 19 EUR für jede Seite des übersetzten Textes. Darüber hinaus war ihm für den Fall, dass mehr als 15.000 Exemplare der Hardcover-Ausgabe verkauft werden, ein zusätzliches Honorar von 0,5 % des Nettoladenverkaufspreises zugesagt. An den Erlösen des Verlags aus der Vergabe von Taschenbuch- und Buchgemeinschaftslizenzen war er nach dem Vertrag mit 5 % des Nettoverlagsanteils zu beteiligen.
Rz. 2165
Nach der seit Juli 2002 geltenden Regelung im Urheberrechtsgesetz kann der Urheber – dazu zählt auch der Übersetzer – für die Einräumung von Nutzungsrechten zwar grundsätzlich nur die vereinbarte Vergütung verlangen. Ist die vereinbarte Vergütung jedoch nicht angemessen, kann er von seinem Vertragspartner die Einwilligung in eine entsprechende Vertragsanpassung verlangen.
§ 32 UrhG Angemessene Vergütung
(1) Der Urheber hat für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung. Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird.
Rz. 2166
Auf die Revision des Klägers hat der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und dem Kläger eine weitergehende Vergütung zugesprochen.
Rz. 2167
Hiernach hat der Übersetzer eines belletristischen Werkes oder Sachbuches, dem für die zeitlich unbeschränkte und inhaltlich umfassende Einräumung sämtlicher Nutzungsrechte an seiner Übersetzung lediglich ein für sich genommen übliches und angemessenes Seitenhonorar als Garantiehonorar zugesagt ist, daneben ab einer bestimmten Auflagenhöhe einen Anspruch darauf, am Erlös der verkauften Bücher prozentual beteiligt zu werden. Diese zusätzliche Erfolgsbeteiligung setzt bei einer verkauften Auflage von 5.000 Exemplaren des übersetzten Werkes ein und beträgt normalerweise bei Hardcover-Ausgaben 0,8 % und bei Taschenbüchern 0,4 % des Nettoladenverkaufspreises. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass die zusätzliche Vergütung bei einer Erstverwertung als Hardcover-Ausgabe und einer Zweitverwertung als Taschenbuchausgabe jeweils erst ab dem 5000. verkauften Exemplar der jeweiligen Ausgabe zu zahlen ist. Er hat ferner deutlich gemacht, dass nur ein Seitenhonorar, das außerhalb der Bandbreite von Seitenhonoraren liegt, die im Einzelfall als üblich und angemessen anzusehen sein können, eine Erhöhung oder Verringerung des Prozentsatzes der zusätzlichen Vergütung rechtfertigen kann.
Rz. 2168
Der BGH hat ferner entschieden, dass ein solcher Übersetzer eine angemessene Beteiligung an Erlösen beanspruchen kann, die der Verlag dadurch erzielt, dass er Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt oder überträgt. Dazu gehören etwa die wirtschaftlich bedeutsamen Erlöse des Verlags aus der Vergabe von Lizenzen für Taschenbuchausgaben des Werkes. Der BGH hat – abweichend von seiner früheren Rechtsprechung – entschieden, dass dem Übersetzer grundsätzlich eine Beteiligung in Höhe von einem Fünftel der Beteiligung des Autors des fremdsprachigen Werkes an diesen Erlösen zusteht.
Rz. 2169
§ 32 UrhG bezieht sich grundsätzlich auf einen der Inhaltskontrolle entzogenen Bereich und ist vergleichbar mit § 612 Abs. 2 und § 632 Abs. 2 BGB. Insoweit kann lediglich das Transparenzgebot verletzt sein, sofern nicht die Unklarheit im Rahmen der Auslegung zugunsten des Autors aufgelöst werden kann. Auch eine intransparente ist daher wie eine formularmäßig unangemessene Vergütung zunächst nach § 32 UrhG anzupassen.
Rz. 2170
Aus der Entscheidung kann auch entnommen werden, dass Klauseln, die an der Bezahlung nach Seitenzahlen anknüpfen, ebenso wirksam sind wie solche, die einen bestimmten Prozentsatz des Nettoladenverkaufspreises heranziehen. Nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen auch Klauseln, die bei Lizenzen am Erlös des Vertrags anknüpfen, sofern keine andere prüfbare Berechnung möglich ist.
Rz. 2171
Generell am Nettoladenverkaufspreis anzusetzen ist formularmäßig nicht möglich, da der Autor keinen Einfluss auf den Rabatt hat, den der Verlag den Buchhandlungen einräumt, sodass es dem Autor kaum möglich sein wird, seine Vergütung abzuschätzen oder nachzuprüfen.
Rz. 217...