Roland Bornhofen, Prof. Dr. Udo Bühler
Rz. 1487
Individualvereinbarungen, seien es solche nach § 305 Abs. 1 S. 3 BGB oder solche nach § 305b BGB, gelten entweder nicht als allgemeine Geschäftsbedingungen, § 305 Abs. 1 S. 3 BGB, oder sie gehen anders lautenden allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, § 305b BGB. In beiden Fällen wird vorausgesetzt, dass sowohl die Vertragsbedingungen als auch die individuellen Vereinbarungen zwischen den Mietvertragsparteien ausgehandelt worden sind.
Rz. 1488
Ein Aushandeln bedeutet mehr als reines Verhandeln. Aushandeln bedeutet, dass die Parteien ein bestimmtes Ergebnis entsprechend ihrer Selbstbestimmung als Grundlage eines Individualvertrages erreicht haben. Der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen muss den in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kern inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen. Er muss die Möglichkeit geben, seine eigenen Interessen im Rahmen der ihm so eingeräumten inhaltlichen Gestaltungsfreiheit zu wahren. Der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen, in der Regel der Vermieter, muss abänderungsbereit sein und dies auch seinem Vertragspartner als ernsthafte Intention signalisieren. Eine allgemein gehaltene Äußerung, zur Änderung nachteiliger Klauseln bereit zu sein, reicht nicht aus.
Rz. 1489
Ob es sich bei Vertragszusätzen in Mietverträgen um individuell ausgehandelte Regelungen handelt, ist von dem Verwender der allgemeinen Geschäftsbedingungen, also je nach Konstellation Vermieter oder Mieter, vorzutragen und zu beweisen. Insbesondere ist der Gang der Vertragsverhandlungen, die Bereitschaft, die eigene Position zur Disposition zu stellen, darzulegen. Hierzu gehört auch die Darlegung, dass man alles dem anderen Vertragsteil eindeutig, transparent und verständlich erklärt habe. Der Vermieter kann deshalb sogar verpflichtet sein, dem Mieter auf die gesetzliche Rechtslage hinzuweisen, damit der Mieter weiß, auf welche Rechte er bei Eingehen auf die Vertragswünsche des Vermieters verzichtet bzw. welche Rechte eingeschränkt werden.
Rz. 1490
Der Grundsatz, wonach handschriftliche oder maschinenschriftliche Abänderungen von Formularverträgen oder Zusätze zu solchen Verträgen ein Indiz gegen den Formularcharakter darstellen, gilt bei der Miete grundsätzlich nur dann, wenn die Abänderung oder Zusätze im Hinblick auf Besonderheiten des Einzelfalls insbesondere mit Rücksicht auf die Person des Mieters verfasst sind. Bei Zusätzen oder Abänderungen, die auf eine bestimmte gleichförmige Vermietungspraxis hindeuten (Tierhalteverbote, Vereinbarungen über die Durchführung von Schönheits- oder Kleinreparaturen, Vertragsabschlussgebühren, Bearbeitungsgebühren, Einzugs- und/oder Auszugskostenpauschalen, Mahngebühren, Aufrechnungsverbote, Besichtigungsklauseln, Beweislastregeln, Haftungsausschlüsse, Schriftformklauseln u.Ä.) gilt die Indizwirkung nicht.
Rz. 1491
Ergibt sich aus der Erscheinungsform des Textes des Mietvertrages oder auch aus dessen Inhalt ein erster Anschein für das Vorliegen allgemeiner Geschäftsbedingungen, dann ist es Sache des Verwenders, diesen ersten Anschein zu widerlegen. Den Verwender trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Vertrag oder eine einzelne Vertragsbedingung gegen den ersten Anschein individuell ausgehandelt worden ist.