Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf (weiteren) Räumungsschutz im gerichtlichen Räumungsvergleich
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der im gerichtlichen Räumungsvergleich vereinbarte Verzicht auf weiteren Räumungsschutz ist nicht unwirksam. Allein der Vollstreckungsschutz ist unverzichtbar (Anschluß LG Heilbronn, 1992-05-05, 1b T 73/92, JurBüro 1992, 569).
Gründe
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die gemäß §794a Abs.4 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist unbegründet.
Die Kammer kann dahingestellt lassen, ob die Beklagten hinreichende Gründe für die Verlängerung der im Vergleich v.16.6.1994 vereinbarten Räumungsfrist bis zum 31.12.1994 vorgetragen haben. Die Gewährung einer weiteren Räumungsfrist nach §794a Abs. 2 Satz 1 ZPO scheitert schon daran, daß die Beklagten im Vergleich v.16.6.1994 auf Räumungsschutz nach §794a ZPO verzichtet haben.
Die Formulierung "Den Beklagten bleibt vorbehalten, bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Antrag gemäß §765a ZPO zu stellen" enthält einen Verzicht auf andere Räumungsschutzvorschriften. Unstreitig hat der Prozeßbevollmächtigte der Kläger im Rahmen der Vergleichsverhandlungen darauf hingewiesen, daß für die Kläger der Abschluß des vom Gericht vorgeschlagenen Vergleichs nur dann in Betracht kommt, wenn ausgeschlossen werde, daß die Räumungsfrist auf Antrag der Beklagten durch das Gericht verlängert werden könne - abgesehen von der nicht dispositiven Vorschrift des §765a ZPO. Auch der Abteilungsrichter hat die Beklagten im Zusammenhang mit der Vergleichsprotokollierung darauf hingewiesen, daß Räumungsschutzanträge ausschließlich nach §765a ZPO gestellt werden könnten. Wenn auch die Formulierung des Vergleichstextes klarer hätte sein können, ergibt sich aus dem Hinweis auf §765a ZPO mit hinreichender Deutlichkeit, daß die Beklagten lediglich berechtigt sein sollten, nach dieser Vorschrift Räumungsschutz beantragen zu können.
Der Verzicht auf Räumungsschutz nach §794a ZPO ist auch wirksam.
Zwar ist unter Geltung des Wohnungsbewirtschaftungsgesetzes überwiegend die Auffassung vertreten worden, der Räumungsschuldner könne, weil ihm Vollstreckungsschutz auch im öffentlichen Interesse gewährt werde, auf Räumungsschutz nicht wirksam verzichten (vgl. OLG Hamm JMBl. 1959, 265, 266). Nach der Neugestaltung des Räumungsfristverfahrens nach den §§721ff., 794a ZPO läßt sich mit dieser Argumentation die Unwirksamkeit eines Verzichts auf Räumungsschutz nicht mehr begründen. Vielmehr stellen die §§721ff., 794a ZPO prozessuale Rechtsbehelfe des Räumungsschuldners zum Schutz seiner eigenen Belange dar, auf die er - wie auf jedes andere prozessuale Recht auch - verzichten kann (vgl. Schmidt-Futterer MDR 1965, 701, 704; Hofmann MDR 1965, 170, 176). Dies ist heute weitgehend anerkannt (vgl. LG Heilbronn JurBüro 1992, 569; Bub/Treier-Belz, Handbuch der Wohnraum- und Geschäftsraummiete, 2. Aufl. 1993, VII A Rn. 44; Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 20. Aufl. 1978, §721 Rn. 16; Thomas-Putzo, ZPO, 18. Aufl. 1993, §721 Rn. 8; Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl. 1988, B 439). Auch die Kammer ist der Auffassung, daß ein Räumungsschuldner in einem Vergleich jedenfalls dann, wenn ihm im Vergleich bereits eine Räumungsfrist gewährt worden ist, auf weiteren Räumungsschutz nach §794a ZPO verzichten kann (vgl. Beschl. v. 23.11.1994 - 6 T 71/94). Zum Abschluß eines solchen Vergleiches ist ein Räumungsschuldner nicht gezwungen. Durch den Verzicht auf Räumungsschutz nach §794a ZPO können beide Parteien sich darauf einstellen, daß grundsätzlich mit dem Ablauf der vereinbarten Räumungsfrist das Mietverhältnis endgültig sein Ende findet. Gerade dieser Umstand wird einen Vermieter häufig erst dazu bewegen, sich auf einen Räumungsvergleich einzulassen.
Fundstellen