Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen Zwangsvollstreckung von Zinsen
Leitsatz (redaktionell)
Die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung ist nicht von einer bestimmten Forderungshöhe abhängig.
Normenkette
ZPO § 704 ff.
Verfahrensgang
AG Eschweiler (Entscheidung vom 02.12.1986; Aktenzeichen 7 b M 5562/86) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Eschweiler vom 2. Dezember 1986 – 7b M 5562/86 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Gläubigerin hatte gegen den Schuldner einen Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Eschweiler vom 4.8.1985 über 17,50 DM nebst 4% Zinsen seit dem 10.7.1985 erwirkt. Der Schuldner zahlte zwar die festgesetzten Kosten, nicht aber die für die Zeit vom 10.7.1985 bis 5.9.1986 fälligen Zinsen in Höhe von 0,11 DM, obwohl die Gläubigerin die Zinszahlung am 8.9.1986 angemahnt hatte. Daraufhin erteilte sie dem zuständigen Gerichtsvollzieher am 25.9.1986 Vollstreckungsauftrag. Dieser lehnte die Ausführung des Auftrags ab mit der Begründung, es verstoße „gegen die guten Sitten der Rechtsprechung” wenn er wegen der Restforderung vollstrecke und hierdurch unverhältnismäßig hohe Vollstreckungskosten, nämlich eine Antragsgebühr von 15,73 DM und Gerichtsvollzieherkosten in Höhe von 9,50 DM verursache. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht den Gerichtsvollzieher angewiesen, den Zwangsvollstreckungsauftrag vom 25.9.1986 durchzuführen. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit der sofortigen Beschwerde.
II.
Die gemäß § 793 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat auf die Erinnerung der Gläubigerin den Gerichtsvollzieher zu Recht angewiesen, den ihm erteilten Auftrag zur Vollstreckung wegen eines restlichen Zinsanspruchs in Höhe von 0,11 DM durchzuführen. Dem Vollstreckungsbegehren der Gläubigerin kann der Einwand des Rechtsmißbrauchs nicht entgegengehalten werden. Die Auffassung, die Zwangsvollstreckung wegen einer geringfügigen, die Vollstreckungskosten weit unterschreitenden Restforderung sei in aller Regel treuwidrig und deswegen vom Gerichtsvollzieher abzulehnen (Schneider DGVZ 1978, 166; ihm folgend Mümmler JB 1979 1082; aus der neueren Rechtsprechung etwa AG Kamen DGVZ 1983, 191), vermag die Kammer in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung (z.B. LG Lübeck DGVZ 1979, 73; LG Wuppertal NJW 1980, 297; AG Würzburg JB 1979, 1081; AG DinsIaken JB 1982, 783; AG Karlsruhe DGVZ 1986, 92; Zöller-Stöber, ZPO, 14. Aufl., § 753 Rn. 8; Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 753 Anm. 3b dd) nicht zu teilen. Nach der in den §§ 704 ff ZPO getroffenen Regelung des Vollstreckungsverfahrens ist die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung von einer bestimmten Forderungshöhe nicht abhängig. Wenn er wegen einer geringfügigen Restforderung vollstreckt, handelt der Gläubiger selbst dann nicht rechtsmißbräuchlich, wenn die durch die Vollstreckung verursachten Kosten den Restanspruch deutlich übersteigen. Verweigert der Schuldner die Restzahlung, so kann der Gläubiger vollständige Befriedigung nur im Wege der Zwangsvollstreckung erlangen. Ihm staatliche Hilfe, zur Beitreibung seiner restlichen Forderung zu versagen, hieße dem Gläubiger den von der Prozeßordnung gewährten umfassenden Rechtsschutz zu beschneiden. Gegenüber willkürlicher Einbehaltung kleinerer Beträge durch den Schuldner wäre der Gläubiger, obgleich im Besitz eines Vollstreckungstitels, letztlich schutzlos gestellt. Aus welchem Grunde dem Gläubiger regelmäßig zuzumuten sein sollte auf die zwangsweise Beitreibung eines auch nur geringfügigen Restanspruchs zu verzichten (so Schneider DGVZ 1978, 168), ist nicht ersichtlich. Mit der zwangsweisen Durchsetzung eines titulierten Anspruchs nimmt der Gläubiger vielmehr in zulässiger Weise seine im Erkenntnisverfahren verbrieften Rechte wahr. Hat aber der Gläubiger ein Recht zur vollständigen Befriedigung seiner ihm vom Prozeßgericht zuerkannten Forderung, so kann ihm ein Interesse an der Beitreibung eines Restanspruchs auch dann nicht aberkannt werden, wenn es sich bei der Restforderung lediglich um geringfügige Zinsen und Pfennigbeträge handelt. Der Verzicht der Staatskasse auf die Beitreibung geringfügiger Gerichtskosten rechtfertigt (entgegen Schneider a.a.O. S. 167) keine andere Beurteilung; denn dieser auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhende Verzicht entspricht gerade nicht dem hier zum Ausdruck gebrachten Willen des Gläubigers, seine vollständige Befriedigung aus dem Vollstreckungstitel zu suchen. Der Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs greift aber auch deswegen nicht ein, weil der Schuldner, der die Zahlung eines geringfügigen Geldbetrages seinerseits in rechtsmißbräuchlicher Weise verweigert, keinen Schutz verdient. Dies setzt allerdings voraus, daß der Gläubiger den Schuldner zuvor zur Vermeidung unverhältnismäßiger Vollstreckungskosten zur Begleichung der Restforderung aufgefordert hat. Unterläßt es der Schuldner, die ihm angekündigte Vollstreckung und die hierbei entstehenden unverhältnismäßi...