Entscheidungsstichwort (Thema)

Gläubiger als Kostenschuldner für die Kosten der Einlagerung von Räumungsgut

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle einer Räumungsvollstreckung haftet der Gläubiger als Auftraggeber auch für die Kosten der Einlagerung des Räumungsgutes, sofern diese nicht über Gebühr verzögert wird.

 

Orientierungssatz

Hat der Gerichtsvollzieher die Einlagerung über Gebühr ausgedehnt, können die hierdurch entstandenen Mehrkosten gemäß GVollzKostG § 11 Abs 1 wegen unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben werden. Wo die Grenze zwischen einem angemessenen Lagerzeitraum und einer ungebührlichen Verzögerung der Verwahrung zu ziehen ist, läßt sich ein fester Zeitraum nicht festlegen (so auch LG Osnabrück, 1979-05-28, 2 T 20/79, RPfleger 1979, 351), da die Entscheidung des Gerichtsvollziehers von einzelfallbezogenen Faktoren abhängt, die nicht schematisch beurteilt werden können. Holt der Schuldner das Räumungsgut nicht ab, weil es an einer Unterbringungsmöglichkeit fehlt, so hat der Gerichtsvollzieher vor der Herbeiführung einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes nach ZPO § 885 Abs 4 auch die sozialen Belange der Schuldner zu beachten, damit diese nach dem Verlust der bisherigen Wohnung auch nicht noch ihre Wohnungseinrichtung verlieren. In einem Zuwarten über einen Zeitraum von 2 Monaten liegt deshalb noch keine pflichtwidrige Verzögerung durch den Gerichtsvollzieher.

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Aachen vom 21. August 1989 - 7 M 1400/88 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Unter dem 18.5. 1988 erteilte die Gläubigerin gegenüber der Verteilungsstelle für Gerichtsvollzieheraufträge des Amtsgerichts A den Auftrag, gegen die Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil auf Räumung und Herausgabe des in gelegenen Grundstückes einschließlich des hierauf stehenden Hauses zu betreiben. Dieser Auftrag wurde, nachdem die Gläubigerin einen Kostenvorschuß von 3.000,-- DM geleistet und ein ursprünglich anberaumter Termin im Einverständnis mit der Gläubigerin verschoben worden war, am 2. und 3. August 1988 von dem Gerichtsvollzieher B durchgeführt (DR II 1230/88). Hierbei bediente sich der Gerichtsvollzieher der Hilfe der Möbeltransportfirma D S Dort wurde ein Teil der Möbel vorerst untergestellt, da den Schuldnern von der Stadt A nur eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt werden konnte. Unter dem 3.8.1988 berechnete die Fa. S dem Gerichtsvollzieher 4.527,27 DM. Hierin ist u.a. ein Lagergeld von 200,-- DM zuzüglich Mehrwertsteuer enthalten (100,-- DM pro Monat).

Die Fa. S hat sich gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts mit "Pfandkammervertrag" vom 19 August 1981 vertraglich zur Unterhaltung einer Pfandkammer in Aachen einschließlich der damit verbundenen Arbeiten und Transportverrichtungen, soweit sie den Gerichtsvollziehern zugewiesen sind, verpflichtet. In diesem Vertrag ist u.a. bestimmt, daß bei der Inanspruchnahme von Leistungen der jeweilige Gerichtsvollzieher und die Fa. S Vertragspartner werden und zwar auf der Grundlage des Pfandkammervertrages und der jeweiligen Tarifordnung. Letztere sieht wegen der Einlagerung von Räumungsgut vor, daß die Fa. S ohne Rücksicht auf den Umfang des Gutes monatlich 100,-- DM beanspruchen kann und ein Vorschuß von 200,-- DM zu leisten ist. Ferner ist im Hinblick "auf die gegensätzliche Rechtsprechung" zur Frage der Haftung des Räumungsgläubigers für die Kosten der Einlagerung bestimmt, daß im Falle einer erfolgreichen Erinnerung des Gläubigers die Fa. S ab dem 3. Monat einen. Anspruch auf Erstattung der Lagerkosten verliert, ihr jedoch jeweils 100,-- DM für die ersten beiden Monate verbleiben.

In der Folgezeit entwickelte sich zwischen der Gläubigerin und dem Gerichtsvollzieher ein Streit um die Berechtigung verschiedener Ansätze in der Rechnung der Firma S Hierbei erkannte diese einzelne Beanstandungen an, worauf der Gerichtsvollzieher gegenüber der Gläubigerin seine Forderung auf 4.037,07 DM abzüglich des Vorschusses von 3.000,-- DM = 1.037,07 DM ermäßigte. Hierauf zahlte die Gläubigerin 524,07 DM. Wegen des sodann noch offenen Betrages von 513,-- DM behielt der Gerichtsvollzieher 469,38 DM ein, die er - ebenfalls im Auftrag der Gläubigerin - im Rahmen einer Vollstreckung aus einem Zahlungstitel von den Schuldnern vereinnahmt hatte (DR II 1076/88).

Die Gläubigerin hat sich mit ihrer Erinnerung gegen die restlichen 513,-- DM gewandt. Sie hat geltend gemacht, die Rechnung der Fa. S sei auch nach der Kürzung noch in einigen Positionen überhöht. Auch hafte sie nicht für etwaige Lagerkosten.

Sie hat beantragt,

1. festzustellen, daß sie in der Zwangsvollstreckungssache DR II 1230/88 nicht zur Zahlung weiterer Kosten verpflichtet sei,

2. den Gerichtsvollzieher B anzuweisen, den aus der Zwangsvollstreckungssache DR II 1076/88 noch in seinem Besitz befindlichen Betrag von 469,38 DM an sie auszukehren.

Das Amtsgericht hat nach Einholung einer Stellungnahme des Bezirksrevisors bei dem Landgericht die Erinneru...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?