Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch des Mieters. bei unberechtigter. Eigenbedarfskündigung und rechtskräftigem Räumungstitel
Orientierungssatz
1. Dem Mieter, der aufgrund eines rechtskräftigen Räumungsurteils nach einer Eigenbedarfskündigung die Wohnung räumt, steht nur in den engen Grenzen des BGB § 826 ein Schadensersatzanspruch gegen den Vermieter zu, wenn dieser die Wohnung an Dritte vermietet hat.
2. Der Mieter trägt die Beweislast für ein sittenwidrige Schädigung des Vermieters, wobei bezüglich der besonderen Umstände, die das Verhalten des Vermieters als sittenwidrig erscheinen lassen, besonders strenge Anforderungen an die Beweislast zu stellen sind.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Klägerin war Mieterin einer Wohnung im Hause der Beklagten. Durch Schreiben v. 14.3.1984 kündigte die Beklagte das Mietverhältnis zum 31.3.1985 unter Hinweis auf Eigenbedarf. Sie begründete diese Kündigung damit, daß sie selbst pflegebedürftig sei und die Wohnung für ihre Nichte, die Zeugin H., und ihren Ehemann benötige, weil sich ihre Nichte dazu bereiterklärt habe, sie zu pflegen und daher eine Wohnung im gleichen Haus, in dem auch sie wohne, beziehen müsse.
Durch rechtskräftige Entscheidung des AG v. 11.2.1985 wurde die Klägerin verurteilt, die Wohnung bis zum 30.6.1985 zu räumen. Im Anschluß an dieses Urteil zog sie zum 30.5.1985 aus. Im Anschluß daran zogen jedoch nicht die Eheleute H., für die der Eigenbedarf reklamiert worden war, in die Wohnung ein; die Beklagte vermietete die Räume an Dritte.
Die Klägerin sieht darin den Tatbestand der vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung als erfüllt an und nimmt die Beklagte auf Erstattung der Umzugskosten in Höhe von 1368,00 DM in Anspruch.
Die Beklagte behauptet, der Eigenbedarf sei erst nach erfolgter Kündigung weggefallen. Anfang April 1985 habe die Zeugin H. eine so schwere Herzerkrankung erlitten, daß sie nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Pflege der Beklagten zu übernehmen; sie sei vielmehr durch diese schwere Erkrankung selbst zum Pflegefall geworden. Die Umstände der Erkrankung seien zunächst von ihr - der Beklagten - ferngehalten worden, um sie nicht unnötig zu beunruhigen. Erst Mitte Juni 1985, als endgültig festgestanden habe, daß eine Besserung des Zustandes nicht mehr zu erwarten gewesen sei, sei sie darüber informiert worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin jedoch bereits aus dem Mietobjekt ausgezogen, so daß eine Rückgängigmachung der Kündigung nicht mehr habe erfolgen können.
Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Klägerin könne nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von 1368,00 DM verlangen. Es sei nach den Umständen von einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung auszugehen. Die Beklagte, die insoweit beweispflichtig sei, habe nicht den Beweis dafür erbracht, daß der Eigenbedarf zum Zeitpunkt der Kündigung bestand habe und seine Voraussetzungen erst nach dem Auszug der Klägerin für die Beklagte erkennbar weggefallen seien.
Entscheidungsgründe
Die Kammer teilt nicht die Auffassung des AG, daß die Beklagte nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung verpflichtet sei, der Klägerin und ihrem Ehemann 1.368,- DM Umzugskosten zu ersetzen. Der Umzug ist aufgrund des rechtskräftigen Räumungsurteils des AG v. 11.2.1985 erfolgt. Das Erwirken eines Urteils und die Ausnutzung dieses Urteils verpflichten nach der Rechtsprechung nur dann zum Schadensersatz, wenn die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt sind (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 45. Aufl., § 826 Anm. 8o m.w.N.). Zu Recht weist dementsprechend Sternel (MDR 1976, 270 V) darauf hin, daß, wenn der Mieter aufgrund einer unberechtigten Kündigung zur Räumung verurteilt worden ist, ihm nur in den engen Grenzen des § 826 BGB ein Schadensersatzanspruch zusteht.
Nach § 826 BGB ist zum Schadensersatz verpflichtet, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. Diese Voraussetzungen sind nach allgemeinen Grundsätzen als klagebegründend von dem Kläger zu beweisen, wobei bezüglich der besonderen Umstände, die das Verhalten des Schädigers als sittenwidrig erscheinen lassen, besonders strenge Anforderungen an die Beweislast zu stellen sind (vgl. Palandt-Thomas, a.a.O., m.w.N. auf die Rechtsprechung des BGH). Die Klägerin hat der ihr somit obliegenden Beweislast nicht genügt. Die Kammer teilt vielmehr die Auffassung des AG, wonach ungeklärt ist, ob die Klägerin bei der Durchführung des Räumungsrechtsstreits der Ansicht war, ihre Angehörigen würden nach der Räumung in die geräumte Wohnung ziehen, und daß auch ungeklärt ist, ob und wann ihr von ihren Angehörigen mitgeteilt worden ist, diese würden im Hinblick auf die eigene Erkrankung, die unstreitig Anfang April 1985 eingetreten ist, doch nicht zu ihr ziehen. Auf die überzeugenden Ausführungen des AG hierzu wird Bezug genommen. Während ausgehend von dem Rechtsstandpunkt des AG, als Anspruchsgrundlage komme der Haftungsgesich...