Entscheidungsstichwort (Thema)

Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenverkäufers

 

Leitsatz (amtlich)

Der einen Gebrauchtwagenhandel ohne angegliederte Fachwerkstatt betreibende Fahrzeugverkäufer ist vor der Weiterveräußerung allenfalls zu einer Untersuchung verpflichtet, die ohne besonder en Aufwand oder gar Demontage des Pkw durchgeführt werden kann. Einen im Rahmen dieser (eingeschränkten) Untersuchung nicht erkennbaren Mangel hat der Gebrauchtwagenverkäufer nicht im Sinne der §§ 280 Abs. 1, 276 Abs. 1 BGB zu vertreten.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1, § 437 Nr. 3

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen 80 C 468/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.01.2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Aachen – 80 C 468/02 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 313 a, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat die auf Ersatz von Nutzungsausfall für den mit Vertrag vom 15.3.2002 erworbenen Pkw BMW 750i betreffend den Zeitraum 18.6. bis 15.7.2002 sowie weiterer Kosten für die Überprüfung des Fahrzeuges nach erfolgreichem Reparaturabschluß gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Die in der angefochtenen Entscheidung aufgeworfene Frage, ob dem Käufer eines mangelhaften Gebrauchtfahrzeuges für den Zeitraum, in dem ihm das Fahrzeug wegen eines technischen Mangels und infolge einer anschließend durchgeführten Reparatur nicht zur Verfügung steht, generell keine abstrakt zu berechnende Nutzungsentschädigung gewährt werden kann, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung, da dieser Nutzungsausfall nicht durch eine von dem Kläger zu vertretende Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 Abs.1, 276 Abs.1 BGB verursacht worden ist.

Allerdings bestehen in der bislang veröffentlichten Literatur unterschiedliche Auffassungen darüber, ob derartige Mangelfolgeschäden als eine Form des „Schadensersatzes neben der Leistung” unmittelbar aus den §§ 280 Abs.1 Satz 1, 437 Nr.3 BGB zu ersetzen sind (so Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl. 2003, § 280 Rd.18 a.E. und Rd.20; Lorenz NJW 2002, 2501 unter bb) und 2503 unter cc); Schubel JuS 2002, 319 unter bb) und cc) mit Hinweis auf die entsprechende Begründung zu § 437, BT-Drucks. 14/6040, S.225) oder als Schäden, die aus der verspäteten Nutzbarkeit der geschuldeten Sache resultieren, nur unter den engeren Verzugsvoraussetzungen der §§ 286, 280 Abs.2, 437 Nr.3 BGB (so Dauner-Lieb in: Anwaltskommentar zum Schuldrecht, 2002, § 280 Rd.42ff., insbesondere Rd.48). Selbst bei Bejahung der Ersatzfähigkeit des hier von dem Kläger geltend gemachten Nutzungsausfalls unmittelbar aus § 280 Abs.1 Satz 1 BGB wäre jedoch neben einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten erforderlich, dass dieser die Pflichtverletzung in Form der Lieferung des infolge eines Defektes an dem Automatikgetriebe mangelhaften Pkw (§ 434 Abs.1 BGB) zu vertreten hätte. Hinsichtlich dieser letztgenannten Anspruchsvoraussetzung ist dem Beklagten jedoch der ihm im Streitfalle gemäß § 280 Abs.1 Satz 2 BGB obliegende Entlastungsbeweis „gelungen”, da sich die hierfür erforderlichen Umstände bereits aus dem unstreitigen Sachvortrag beider Parteien ergeben.

Der Kläger hat sowohl in der Klageschrift, als auch mit Schriftsatz vom 28.11.2002 vorgetragen, dass der Rückwärtsgang des Automatikgetriebes bei der Übergabe des Fahrzeuges am 15.3.2002 ordnungsgemäß bedient beziehungsweise eingelegt werden konnte und sich der Pkw erstmals am 17.6.2002 nicht mehr rückwärts fahren ließ.

Der hierfür ursächliche Defekt an dem Automatikgetriebe konnte zunächst auch mittels einer elektronischen Diagnose durch eine BMW-Fachwerkstatt nicht ermittelt werden, da kein Fehler in dem sogenannten EGS-Steuergerät abgelegt war. Aufgrund des hierdurch zu vermutenden mechanischen Defektes wurde das Automatikgetriebe des Pkw sodann auf Veranlassung des Beklagten in dieser Fachwerkstatt einer aufwendigen Reparatur unterzogen.

Hieraus folgt, dass der Getriebemangel des Fahrzeuges für den Beklagten als Inhaber eines Gebrauchtwagenhandels ohne angegliederte Fachwerkstatt auch bei einer ohne besonderen technischen Aufwand oder gar Demontage des Pkw durchzuführenden Untersuchung vor der Veräußerung an den Kläger nicht erkennbar gewesen ist und der Beklagte diesen erst nachträglich festgestellten Mangel und damit auch den Nutzungsausfall des Fahrzeuges nicht im Sinne der §§ 280 Abs.1, 276 Abs.1 BGB zu vertreten hat. Zu weiteren, über diese ohnehin umstrittene eingeschränkte Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenverkäufers (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. 2000, Rd. 1898ff. m.w.N.) hinausgehenden Maßnahmen war der Beklagte dem Kläger gegenüber auch nach dem Inhalt des schriftlichen Kaufvertrages vom 15.3.2002 nicht verpflichtet (§ 276 Abs.1 Satz 1 BGB; vgl. ferner: Palandt/Heinrichs, aaO., § 280 Rd.19).

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