Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichteheliche Lebensgemeinschaft: kein Kündigungsgrund für Mietwohnung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Auch im ländlichen Raum ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft in der Mietwohnung vom Vermieter grundsätzlich hinzunehmen.
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Kammer teilt die Auffassung des AG, daß die Klägerin nicht deshalb das Mietverhältnis fristlos kündigen darf, weil der Beklagte zu 1. seine Lebensgefährtin - die Beklagte zu 2. - in die Mietwohnung aufgenommen hat. Das Hausrecht des Mieters schließt die eigenverantwortliche Entscheidung über die Art und Weise seiner Lebensführung ein, soweit hierdurch nicht gegen Verbotsnormen oder sonstige erhebliche Interessen des Vermieters oder der Allgemeinheit verstoßen wird. Das außereheliche Zusammenleben von Mann und Frau läuft der bestehenden Rechtsordnung und Gesellschaftsordnung nicht mehr zuwider. Ein Vermieter kann daher seine eigene Moralauffassung nicht unabhängig von den Umständen und beiderseitigen Interessen der Parteien durchsetzen und den Mieter zwingen, die Beziehung zu beenden oder die Wohnung zu räumen. Die Aufnahme eines nichtehelichen Partners in die zuvor allein gemietete Wohnung ist vielmehr von einem Vermieter zu dulden, es sei denn, in der Person des Dritten liege ein wichtiger Grund vor oder die Wohnung werde übermäßig belegt, oder wenn sonst dem Vermieter die Überlassung nicht zugemutet werden kann, § 549 BGB. Bei der Beurteilung der - hier allein interessierenden - Zumutbarkeitsfrage sind die beiderseitigen Interessen der Mietvertragspartner zu würdigen. Die von der Klägerin für den Ausspruch der fristlosen Kündigung vorgebrachte Begründung, sie und die mit ihr verwandten Mitbewohner des Hauses lehnten aus "moralischen und religiösen Gründen" die nichteheliche Lebensgemeinschaft ab, reicht auch nach Ansicht der Kammer nicht aus, ein erhebliches Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses zu bejahen. Die Kammer verkennt nicht, daß das Mietobjekt im ländlichen Bereich liegt. Andererseits wohnen die Parteien in einem mit jeweils mehreren Wohnungen ausgestatteten Doppelhaus, die Wohnbeziehungen sind daher nicht so eng, daß eine "ständige Konfrontation" der Klägerin mit der vom Beklagten zu 1. gewählten Lebensweise vorliegt. Aus der Lebensgemeinschaft der Beklagten haben sich - soweit ersichtlich - keine negativen Auswirkungen auf die Hausgemeinschaft ergeben. Die Beklagten leben wie ein Ehepaar. Daß sich jemand konkret beschwert hätte und dies Auswirkungen auf die Klägerin gehabt hätte, ist nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen kann die Klägerin nicht umhin, die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Beklagten als eine verbreitete, alltäglich gewordene Form des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau zu dulden.
Fundstellen