Verfahrensgang
AG Schmallenberg (Entscheidung vom 16.08.2006; Aktenzeichen 3 Ds 124/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Schmallenberg vom 16.08.2006 wird auf Kosten der Landeskasse nach einem Gegenstandswert von 249, 40 € zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Arnsberg vom 15.06.2005 wurde der Angeklagten eine gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Daraufhin zeigte Rechtsanwältin B… unter dem 05.07.2005 die anwaltliche Vertretung der Angeschuldigten unter Vollmachtsvorlage an und erhielt unter dem 07.07.2005 Akteneinsicht. Durch Beschluss vom 13.07.2005 holte das Amtsgericht ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Frage der Schuldfähigkeit ein. Der Sachverständige Dr. S… kam in seinem Gutachten vom 08.09.2005 zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Aufhebung der Steuerungsfähigkeit von Schuldunfähigkeit der Angeschuldigten i.S.d. § 20 StGB im Tatzeitpunkt auszugehen ist. Nach Eingang des Gutachtens beim Amtsgericht wurde dieses durch Verfügung vom 12.09.2005 der Verteidigerin und der Staatsanwaltschaft zur Stellungnahme zugeleitet. Mittels eines Zusatzes an die Staatsanwaltschaft regte das Amtsgericht gleichzeitig die Rücknahme der Anklage an. Durch Schriftsatz vom 16.09.2005 nahm die Verteidigerin umfangreich zum Ergebnis des Gutachtens Stellung und beantragte, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. In Vorbereitung dieses Schriftsatzes hatte die Verteidigerin Kontakt zum Leiter der Caritas-Werkstätten und zur Schwester der Angeklagten aufgenommen, um sich ein umfassendes Bild über deren Persönlichkeit zu machen. Ein Bericht des Leiters der Caritas-Werkstätten war dem anwaltlichen Schriftsatz beigefügt. Unter dem 01.12.2005 nahm die Staatsanwaltschaft Arnsberg die Anklage zurück und stellte das Verfahren unter dem 15.12.2005 gem. § 170 Abs. 2 StPO ein. Auf Antrag der Verteidigerin vom 14.12.2005 auferlegte das Amtsgericht der Landeskasse durch Beschluss vom 10.01.2006 die Auslagen der Angeschuldigten gem. § 467a StPO.
Mit Schriftsatz vom 14.12.2005 reichte die Verteidigerin ihre Kostennote über insgesamt 635,10 € ein, wobei wegen der genauen Zusammensetzung auf die Kostennote Bezug genommen wird. Durch Stellungnahmen vom 30.01.2006 bzw. vom 06.04.2006 vertrat der Bezirksrevisor die Ansicht, eine Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG sei mangels ursächlicher anwaltlicher Mitwirkung bezüglich des Entfallens der Hauptverhandlung nicht angefallen; zudem seien die Gebühren nach Nr. 4100 und Nr. 4106 VV RVG allenfalls in Höhe der Mittelgebühr gerechtfertigt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.08.2006 setzte das Amtsgericht – Rechtspfleger – die gem. § 473 StPO zu erstattenden notwendigen Auslagen auf insgesamt 635,10 € fest.
Gegen diesen, am 07.09.2006 beim Landgericht eingegangenen Beschluss, legte der Bezirksrevisor namens der Landeskasse unter dem 08.09.2006 “Beschwerde” ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, eine anwaltliche Mitwirkung i.S.d. Nr. 4141 VV RVG, die eine Hauptverhandlung entbehrlich gemacht habe, sei nicht ersichtlich. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift Bezug genommen.
Das Amtsgericht – Rechtspfleger – hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die gem. §§ 11 Abs. 3 RpflG, 104 Abs. 3 ZPO, 311 StPO statthafte sofortige Beschwerde war – wie geschehen – zurückzuweisen.
1)
Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Wertgrenze von 200,- € gem. § 304 Abs. 3 StPO, die für die Kostenfestsetzung nach § 464b StPO gilt, steht der Zulässigkeit nicht entgegen, da der Beschwerdewert 249,40 € beträgt. Zudem wurde die sofortige Beschwerde auch innerhalb der Wochenfrist des § 311 StPO eingelegt.
2)
Die sofortige Beschwerde ist aber nicht begründet.
Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist nicht zu beanstanden.
a)
Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors ist eine Gebühr nach Nr. 4141 VV RGV verdient worden. Diese Gebühr entsteht dann, wenn die Hauptverhandlung “durch die anwaltliche Mitwirkung entbehrlich wird”. Eine solche anwaltliche Mitwirkung liegt in Form des anwaltlichen Schriftsatzes vom 16.09.2005 vor, in dem die Verteidigerin zum Ergebnis des psychiatrischen Sachverständigengutachtens Stellung genommen und die Nichteröffnung des Hauptverfahrens beantragt hat. Dass das Amtsgericht zeitgleich bereits die Rücknahme der Anklage angeregt hatte, woraufhin letztlich die Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO erfolgte, ändert nichts. Denn nach Nr. 4141 Abs. 2 VV RVG entsteht die Gebühr nur dann nicht, wenn eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist. Dagegen hatte es im ursprünglichen Regierungsentwurf (BT-Drucksache 12/6962 S. 41) geheißen, dass der Rechtsanwalt die Gebühr nicht erhält, wenn seine Mitwirkung für die Einstellung oder Erledigung nicht ursächlich war. Vor diesem Hintergrund setzt die geltende Gesetzeswortlaut eine Ursächlichkeit i.S. einer conditio-sine-...