Nachgehend
OLG Hamm (Aktenzeichen I-27 U 90/19) |
Tenor
Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 58.326,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 85 % und der Beklagte zu 1) zu 15 %. Die Kosten des Beklagten zu 2) trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Der im Laufe des Rechtsstreits am 24.04.2019 verstorbene Kläger hat die Beklagten auf Schadensersatz aufgrund von Verletzungen in Anspruch genommen, die er sich im Rahmen einer Ballonfahrt zugezogen hat. Der Rechtsstreit wird von seiner Ehefrau M. als Alleinerbin fortgeführt.
Der Kläger nahm am 01.08.2015 an einer Ballonfahrt als Fahrgast teil. Diese wurde von dem Beklagten zu 1), der die Luftsportschule H. in C. betreibt, veranstaltet.
Der Kläger hatte die Ballonfahrt zu seinem 75. Geburtstag von seiner Ehefrau geschenkt bekommen. Ein von dem Beklagten zu 1) erstellter Gutschein in Gestalt eines Puzzles war auf Bitten der Familie des Klägers zunächst an eine Frau T. gesandt worden. Ob hierbei das Ticket mit auf der Rückseite aufgedruckten Allgemeinen Geschäfts- und Beförderungsbedingungen und eine Gästeinformation beigefügt waren, ist streitig.
Mit E-Mail vom 13.06.2015 teilte der Beklagte zu 1) der Tochter des Klägers mit, er habe wunschgemäß den Puzzle-Gutschein an Frau T. übersandt und diese gebeten, dem Kläger die weiteren Unterlagen, Ticket und Passagierinformation, nach dessen Geburtstag auszuhändigen.
In den Passagierinformationen heißt es dabei unter „Die Landung” unter anderem:
„Das [zum Stehen kommen des Korbes bei der Landung] kann je nach Windstärke ganz sanft sein oder die Menschen an Bord auch ganz schön durchschütteln und man muss sich ordentlich festhalten. Ist der Wind stark, dann ist auch nicht zu vermeiden, dass sich der Korb in dieser Phase [die Landung] nach vorne neigt und liegend zum Stillstand kommt.”
Weiter heißt es unter „Gesundheitsgrenzen? – Altersgrenzen” unter anderem:
„Der Einstieg über den 1,2 m hohen Korbrand und der Aufsetzstoß bei der Landung erfordern gelenkige Gliedmaßen […] Menschen mit Rückgratproblemen, Schäden des Knochengerüsts und schweren Herz-/Kreislaufproblemen sollten lieber vorher den Arzt fragen. Es gibt keine Altersgrenze nach oben, aber wer über 70 Jahre alt ist, den bitten wir vorher einmal mit uns zu sprechen.”
In den AGB heißt es unter Ziffer 9 „Körperliche Eignung” unter anderem:
„Der Gast verpflichtet sich, gesundheitliche Beschwerden und körperliche Mängel, die die Fahrt beeinträchtigen könnten, bei der Terminabsprache, spätestens vor Fahrtantritt der Schule oder dem Piloten mitzuteilen.”
Im Jahre 2012 hatte sich der Kläger bei einem Sturz vom Hochsitz eine Fraktur im Bereich T 5/6 (Brustwirbel) und im Bereich L 2 (Lendenwirbel) zugezogen. Die Beklagten setzte er hiervon vor Fahrtantritt nicht in Kenntnis.
Der Beklagte zu 2) fungierte bei der Fahrt als Ballonführer. Zwischen dem Beklagten zu 2) und dem Beklagten zu 1) besteht hierzu seit dem 11.01.2000 ein Vertrag über die freiberufliche Tätigkeit. In diesem Vertrag ist unter anderem Folgendes geregelt:
„3. Der Freiballonführer nimmt das Fahrbetriebshandbuch der Schule zur Kenntnis und wird die darin festgelegten Regelungen, insbesondere die Vorschriften über Dienst- und Ruhezeiten beachten.
4. Die Schule ist gegenüber dem Freiballonführer über die im Fahr-Betriebshandbuch festgelegten Regelungen hinaus nicht weisungsbefugt in allen Dingen die luftrechtliche Pflichten des Luftfahrzeugführers sind. Insbesondere die Entscheidung ob und wann gestartet und wann und wo gelandet wird, trifft allein der Freiballonführer.”
Der Beklagte zu 1) verfügt über eine Betriebsgenehmigung der Landesluftfahrbehörde zur gewerbsmäßigen Beförderung von Fluggästen. In dieser ist geregelt, dass er unter anderem den Beklagten zu 2) als Luftfahrzeugführer einsetzen darf. Der Beklagte zu 2) verfügte selbst nicht über eine solche Genehmigung.
Die streitgegenständliche Ballonfahrt startete mit dem Ballon, amtliches Kennzeichen X-XXXX des Herstellers U., gegen 19:30 Uhr am Flugplatz I in Q. Der Ballon verfügte über eine aktuelle Bescheinigung über die Prüfung der Lufttüchtigkeit vom 23.05.2015, welche bis zum 23.06.2016 gültig war.
Außer dem Kläger und dem Beklagten zu 2) nahmen vier weitere Fluggäste an der Fahrt teil. Auf dem Boden begleitete der Zeuge V. die Fahrt als sogenannter Verfolger. Die Ehefrau des Klägers fuhr dem Ballon ebenfalls hinterher.
Wenngleich bereits beim Start ein frischer Wind und deutliche Böigkeit zu spüren war, ließen die – von den Beklagten vor der Fahrt eingeholten – Wetterprognosen, es waren auch die Beobachtungsdaten der Wetterstation D. und des Flughafens Q-N eingeholt worden, eine ruhige Fahrt erwarten. Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes vom 06.08.2015 enthielt der Ballon...