Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrags. Kein Neufahrzeug. Keine Eintragung über das Baujahr im Kaufvertrag. Arglistiges Handeln des Verkäufers. Keine Gewährleistungsansprüche. Anfechtung des Kaufvertrags wegen Irrtums. Schriftliches Bestellformular trägt Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit. Herstellungsdatum. Zulassungsdatum. Standzeit. Kaufdatum
Leitsatz (redaktionell)
- Der Rücktritt von einem Kaufvertrag über einen Pkw kann als Irrtumsanfechtung über verkehrswesentliche Eigenschaften des Pkw ausgelegt werden, wenn sich der Käufer über das Herstellungsdatum des Fahrzeugs geirrt hat und das Datum auch während der Vertragsverhandlungen nicht thematisiert wurde.
- Die Nichtoffenbarung des Baujahrs/Herstellungsjahrs durch den Verkäufer ist nicht ohne weiteres arglistig.
- Gewährleistungsansprüche bestehen nicht, weil das Fahrzeug hier ausdrücklich als Gebrauchtfahrzeug veräußert wurde und der Zeitraum von der Herstellung bis zur Erstzulassung rund 14 Monate betrug, was vom Gericht noch nicht als Mangel im Rechtssinn ansieht
- Die wechselseitigen Leistungen von Käufer und Verkäufer sind nach der sog. Saldotheorie zurückzugewähren
Normenkette
BGB § 119 Abs. 2, §§ 142, 434, 437, 121-123, 812, 818
Nachgehend
Tenor
I. 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.985,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 06.10.2005 zu zahlen
Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeuges vom Typ Rover 25 Style mit der Fahrzeug-Indent.-Nr. …
2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin als Nebenkosten nicht anrechenbare vorgerichtliche Kosten in Höhe von 350,15 EUR nebst 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB seit 06.10.05 an die Klägerin zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im obigen Antrag Ziffer 1. bezeichneten Fahrzeuges seit dem 06.10.05 in Annahmeverzug befindet.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 9/14, die Klägerin 5/14.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar:
- für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Pkw-Kaufvertrages.
Die Klägerin erwarb mit schriftlichem Vertrag/verbindlicher Bestellung vom 13.09.2004 (Bl. 6 d.A.) von der Beklagten, einer Autohandelsfirma, einen Pkw Rover Typ 25 zum Kaufpreis von 13.900,00 EUR, wobei ein Kaufpreisanteil in Höhe von 4.000,00 EUR durch „Inzahlungnahme” des bisherigen Pkws der Klägerin, einem Pkw Honda-Civic verrechnet wurde, sodass letztlich „in Geld” 9.900,00 EUR zu zahlen waren.
Die schriftliche verbindliche Bestellung/Kaufvertrag vom 13.09.04 (Bl. 6 d.A.) weist das streitgegenständliche Fahrzeug Rover als „Gebraucht” – Fahrzeug mit einer Laufleistung von 22 Kilometern auf. Ein Baujahr wurde in dem vorgenannten Formular nicht eingetragen. Als Erstzulassung des Fahrzeuges ist das Datum „29.07.04” vermerkt.
Die Klägerin stellte im August 2005 fest, dass das streitgegenständliche Fahrzeug Rover im Juni 2003 hergestellt worden sein soll. Sie hat vor diesem Hintergrund mit vorprozessualem Schriftsatz ihrer anwaltschaftlichen Vertreter vom 23.09.05 (Bl. 9 d.A.) den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Die Klägerin fordert Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 13.900,00 EUR und lässt sich für zwischenzeitlich 3.500 gefahrene Kilometer eine „Nutzungsentschädigung” von 200,00 EUR anrechnen, sodass die Klageforderung 13.700,00 EUR beträgt. Ferner fordert sie die Zahlung nicht anrechenbarer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 508,38 EUR und schließlich – im Rahmen einer Klageerweiterung gemäß Schriftsatz vom 05.12.05 (Bl. 23 d.A.) – Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Rede stehenden Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
Die Klägerin führt ergänzend aus, dass der bei der Beklagten angestellte Verkäufer, ein Herr … im Rahmen der Vertragsverhandlungen angegeben habe, dass das Fahrzeug lediglich am 29.07.04 für einen Tag zugelassen worden sei und dass es sich um ein Neufahrzeug handele.
Die vorgenannten Angaben würden sich auch mit dem Hinweis im Kaufvertrags-/Bestellformular (Bl. 6 d.A.) decken, dergestalt, dass die dort angegebene Laufgesamtfahrleistung lediglich 22 Kilometer betragen habe.
Es liege ein arglistiges Handeln der Beklagten vor, da auffalle, dass im oben genannten Kaufvertrag (Bl. 6 d.A.) lediglich das Feld über dem Baujahr nicht ausgefüllt sei. Letzteres sei von der Beklagten auch nicht offengelegt worden.
Hätte die Klägerin gewusst, dass das Fahrzeug das Baujahr 2003 aufweise, hätte sie es seiner...