Verfahrensgang
AG Dillingen a.d. Donau (Urteil vom 08.06.2000) |
Tatbestand
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Erholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur die Frage der Verursachung eines Schleudertraumas durch den gegenständlichen Verkehrsunfall. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Xxxxxx vom 03.07.01 (Bl. 100/137 d. A) Bezug genommen.
Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO) hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Die Klägerin kann von den Beklagten sowohl ein weiteres Schmerzensgeld von 2.500,00 DM, als auch Ersatz ihres materiellen Schadens (1.254,42 DM Heilbehandlungskosten, 2.500,86 DM Haushaltsführungsschaden und 610,00 DM Verdienstentgang) verlangen (§§ 7, 17 StVG, 823, 847, 249 ff BGB, 287 ZPO).
1. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin den Nachweis einer gesundheitlichen Beeinträchtigung durch den gegenständlichen Verkehrsunfall erbracht hat. Dies ergibt sich für das Berufungsgericht u.a. aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Xxxxxx, welcher der Kammer als fachlich kompetent und zuverlässig bekannt ist. Das Gutachten ist sorgfältig erstellt, frei von Widersprüchen, in allen Punkten nachvollziehbar und auch für jeden Laien verständlich. Der Sachverständige hat sich eingehend mit dem Vorgutachten des Prof. Dr. Xxxxxxxxxxx auseinandergesetzt, im Gegensatz zum Sachverständigen Prof. Dr. Xxxxxxxxxxx die Klägerin untersucht und schlüssig dargelegt, warum aus medizinischer Sicht dessen Aussagen nicht gefolgt werden kann. Die Kammer schließt sich seiner überzeugenden Beurteilung daher in allen Punkten an und macht sich seine Ausführungen zu eigen.
1.1 Bei ihrer Beurteilung geht die Kammer davon aus, dass entsprechend dem von Beklagtenseite eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Werner Xxxxx bei dem Auffahrunfall auf den PKW der Klägerin eine Geschwindigkeitsänderung von 7,12 - 9,03 km/h einwirkte.
1.2 Wie der Sachverständige Prof. Dr. Xxxxxx ist die Kammer allerdings der Auffassung, dass zwischen dem Unfallschaden am Fahrzeug und den hierbei aufgetretenen physikalischen Kräften einerseits und dem Verletzungsausmaß andererseits nur sehr bedingt eine Korrelation hergestellt werden kann. Wie bei allen traumatischen Prozessen ist es wichtig, sofern möglich, die Richtung der Krafteinwirkung zu eruieren und in die Beurteilung einzustellen. In jedem Fall kann aber auch bei geringer Differenzgeschwindigkeit das Verletzungsausmaß im Bereich der Halswirbelsäule erheblich sein. Es entspricht nach Meinung der Kammer schon der Lebenserfahrung, dass es einen genormten menschlichen Körper, der auf Gewalteinwirkungen gleich reagiert, nicht gibt. Unter gleichen Bedingungen kann der eine Mensch einen Knochenbruch erleiden, der andere nur Prellungen und ein Dritter völlig unverletzt bleiben.
Der rechtsmedizinischen Schule Heidelberg folgend geht die Kammer daher davon aus, dass es zwar eine wahrscheinliche Harmlosigkeitsgrenze Delta v = 10 km/h gibt, unterhalb der es im Regelfall zu keinen Halswirbelverletzungen kommt. Im Einzelfall kann es jedoch auch bei deutlich geringeren Geschwindigkeitsänderungen zu Halswirbelverletzungen kommen.
Für die Frage des Kausalitätsnachweises zwischen Unfallgeschehen und Verletzungsfolgen ist daher in jedem Einzelfall auf die Erfahrungswerte klinischer Verläufe, die erhobenen und erfassten Befunde der behandelnden Ärzte und die Kenntnis des einwirkenden Unfallgeschehens abzustellen. Je deutlicher die einwirkenden Kräfte unterhalb der wahrscheinlichen Harmlosigkeitsgrenze liegen, desto höher sind die Anforderungen an den Nachweis einer Verletzung seitens der beweisbelasteten Klagepartei zu stellen. Das Gericht hat aber in jedem Einzelfall zu prüfen, ob anhand der vorgenannten Kriterien bzw. Beweisanzeichen die vom Verletzten angegebenen Beschwerden glaubhaft und nachvollziehbar erscheinen oder ob Anhaltspunkte für eine Gravation oder gar Simulation vorliegen bzw. ob anderen Ursachen für die Beschwerden in Betracht kommen.
Die vorliegend festgestellte kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von 7,12 - ca. 9,03 km/h liegt im Grenzbereich der wahrscheinlichen Harmlosigkeitsschwelle. Eine Verletzung des Komplexorgans Wirbelsäule mit Wirbelkörper-Bandreihe, Bogengelenksreihe, großem Bandsystem, kleinen Bandverbindungen zwischen den einzelnen Segmenten und muskulären Systemen verschiedener zusammenwirkender Muskelgruppen, liegt danach zumindest noch im Bereich des Wahrscheinlichen.
Gemäß der ärztlichen Bescheinigung des Dr. Wilhelm xxxx vom 05.01.99 über die Behandlung der Klägerin litt sie bereits kurz nach dem Unfall an starken Kopfschmerzen mit Schwindel und Übelkeit. Es fand sich eine schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule und ein Hartspann der Muskulatur. Aufgrund dieser Befunde gelangte der Arzt ...