Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung zur Mieterhöhung

 

Verfahrensgang

AG Rastatt (Urteil vom 14.12.1995; Aktenzeichen 3 C 507/94)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 16.10.1996; Aktenzeichen 1 BvR 1544/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rastatt vom 14.12.1995 – 3 C 507/94 – im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger tragt die Kosten des Rechtsstreits.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zur Mieterhöhung, da er die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Ziff. 2 MHG nicht nachweisen kann.

Durch das in erster Instanz eingeholte Sachverständigengutachten hat der Kläger nicht nachgewiesen, daß der verlangte Mietzins die üblichen Entgelte nicht übersteigt. Das in erster Instanz eingeholte Sachverständigengutachten ist nach den Maßstäben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.10.1994 (NJW 1995, Seite 40), die für die Berufungskammer gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend ist, nicht verwertbar.

Der Gutachter hat unter Berufung auf seine Schweigepflicht die von ihm angegebenen Vergleichswohnungen (Ziff. 6.1.3 des Gutachtens) nicht konkretisiert. Er hat lediglich die Straßen, in denen die Vergleichswohnungen liegen, angegeben. Dies ermöglicht den Parteien und dem Gericht nicht die Nachprüfung, ob der Sachverständige von zutreffenden Voraussetzungen ausgingen ist.

Nach der genannten Entscheidung des BVerfG hat der Sachverständige im Mieterhöhungsrechtsstreit Mietpreis und Adressen der Vergleichswohnungen „in aller Regel” offenzulegen, „soweit deren Kenntnis für eine Überprüfung des Gutachtens praktisch unentbehrlich ist” (BVerfG, NJW 1995, Seite 41). So liegt der Fall hier. Eine Überprüfung der Befundtatsachen ist ohne genaue Kenntnis der Lage der Vergleichswohnungen nicht möglich. Das BVerfG hat Abstriche an dem Offenlegungsanspruch der Parteien lediglich beispielsweise dann für gerechtfertigt erachtet, wenn es sich „um Daten aus der engsten Privat- oder Intimsphäre unbeteiligter Dritter handelt, deren Preisgabe niemandem zuzumuten ist” (BVerfG, a.a.O.). Diese Voraussetzung liegt nach der genannten Entscheidung trotz der Vorschrift des § 203 Abs. 2 Ziff. 5 StGB bei Daten über Vergleichswohnungen nicht vor. Nur wenn Abstriche an dem Offenlegungsanspruch gerechtfertigt sind, kann im Einzelfall eine Befragung des Sachverständigen über die Befundtatsachen ausreichen. Zwar kann nach der angegebenen Entscheidung „je nach den Umständen des Falles die genaue Beschreibung der zum Vergleich herangezogenen Wohnungen durch den Sachverständigen genügen” (BVerfG, a.a.O.). Die Berufungskammer sieht im vorliegenden Fall angesichts des besonderen Offenlegungsanspruchs der Parteien derartige Umstände nicht, so daß eine weitere Befragung des Sachverständigen nicht möglich ist.

Aufgrund der Schweigepflicht des Gutachters kann die Kammer diesen auch nicht gemäß § 407 a Abs. 4 ZPO zur Herausgabe der Unterlagen veranlassen oder gemäß § 409 ZPO vorgehen (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 54. Aufl., § 407 a ZPO Rn. 21).

Die Kammer sieht auch sonst keine Möglichkeit, den vom Kläger angebotenen Beweis durch Sachverständigengutachten nachzugehen. Das erstinstanzliche Gericht hat nahezu alle unter der entsprechenden Rubrik aufgeführten Sachverständigen der IHK für den Bezirk Karlsruhe angeschrieben und angefragt, ob Bereitschaft besteht, ein Gutachten unter Offenlegung der Vergleichswohnungen zu erstatten. Hierzu hat sich kein Gutachter bereit erklärt. Sämtliche Gutachter fühlten sich insoweit an ihre Schweigepflicht gebunden.

Der Berufung war daher mit der sich aus § 91 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge stattzugeben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1611319

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