Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhung: Verweigerung der Offenlegung der Befundtatsachen im Sachverständigengutachten aus Gründen des Datenschutzes
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Verweigert der Sachverständige im Zustimmungsprozeß zur Mieterhöhung die Offenlegung der Befundtatsachen in seinem Gutachten, und ist gerichtsbekannt, daß die Sachverständigen im Gerichtssprengel ebenfalls eine Offenlegung verweigern, so daß die Einholung eines Obergutachtens nicht in Betracht kommen kann, so tritt das Recht auf rechtliches Gehör hinter das umfassende Gebot des effektiven Rechtsschutzes zurück mit der Folge der gerichtlichen Verwertung des eingeholten Sachverständigengutachtens.
Gründe
(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Kammer folgt den Gründen des angefochtenen Urteils. Das Berufungsvorbringen vermag eine abweichende Entscheidung nicht zu rechtfertigen.
Der Sachverständige hat die monatliche Brutto-Kaltmiete in Höhe von DM 881,95 ermittelt. Das AG (Dachau) hat zu Recht entsprechend der Vereinbarung der Parteien unter Zugrundelegung der von der Beklagten mitgeteilten Betriebskosten pro qm für 1991 (die Kläger haben keine Betriebskosten mitgeteilt) die monatliche Netto-Kaltmiete auf DM 733,63 ermittelt.
Die Einwendungen der Kläger gegen das Gutachten des Sachverständigen S. vermögen eine abweichende Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Der Sachverständige hat richtig erkannt, daß der Betriebskostenanteil, den ein Mieter nach dem Mietvertrag schuldet, Teil der Miete ist und bei der Ermittlung der Vergleichsmiete immer mit berücksichtigt werden muß. Das AG hat zu Recht dargelegt, daß die Berechnungsmethode des Sachverständigen S. anhand seines Katasters, das auf "Brutto- Kaltmieten" aufgebaut ist, dem Gesetz entspricht und eine der Möglichkeiten darstellt, eine Vergleichsmiete zu ermitteln. Dabei ist der Sachverständige nach Auffassung der Kammer nicht gehalten, die in den Vergleichs-Brutto-Kaltmieten enthaltenen Betriebskosten offenzulegen, da die für den konkreten Einzelfall errechneten Betriebskosten von dieser Brutto-Kaltmiete, wie vorliegend geschehen, abzuziehen sind.
Das Gutachten des Sachverständigen S. ist auch verwertbar, obwohl der Gutachter sich geweigert hat, Daten und Informanten bekanntzugeben.
Die Kläger sind allerdings der Auffassung, daß das Gutachten nicht zur Grundlage eines Urteils gemacht werden könne, weil die sachverständigen Äußerungen nicht den im Beschluß des BVerfG v. 11. 10. 1994 (BVerfG NJW 1995, 40f. (=WM 1994, 661)) sowie im einschränkenden Beschluß des BGH v.21.6. 1995 (Az.: XII ZR 167/94 (=WM 1995, 650)) erforderten Anforderungen gerecht würden.
Das Sachverständigengutachten nebst Ergänzungsgutachten erfüllt diese Anforderungen in der Tat nicht. Im Ergänzungsgutachten hat der Sachverständige zwar drei Vergleichsobjekte nach ungefährer Lage, Ausstattung und Mietpreis in etwa so beschrieben, wie es der BGH in seiner Entscheidung v. 21. 6. 1995 (NJW-RR 1995, 1225 (=WM 1995, 650)) für ausreichend hält. Aber auch diese Beschreibungen versetzen die Parteien nicht in die Lage, die Vergleichswohnungen ausfindig zu machen und die Angaben des Sachverständigen selbst zu überprüfen.
Der Sachverständige hat unter Hinweis auf geltendes Datenschutzrecht und auf das Erfordernis der Wahrung geheimer Tatsachen (§ 203 StGB) sich nicht bereit erklärt, den Anforderungen des BVerfG und des BGH nachzukommen und entsprechende Auskünfte zu erteilen. Daher waren die Parteien nicht in der Lage, die Vergleichsobjekte zu überprüfen.
Die 8. Zivilkammer dieses Landgerichts hat nach Veröffentlichung des genannten Beschlusses des BVerfG eine Umfrage bei allen gerichtlich bestellten und vereidigten Sachverständigen durchgeführt, die als Gutachter für die Bewertung von ortsüblichen Vergleichsmieten im Münchner Raum in Frage kommen (vgl. z. B. Az.: LG München II - 8 S 3061/94). Diese Umfrage geschah in Prozessen, an denen die Kläger beteiligt waren. Über das Ergebnis dieser Umfrage sind die Parteien informiert. Es ist der Kammer weiterhin bekannt, daß dieselbe Befragung ebenfalls durchgeführt hat das AG Dachau (Az.: 2 C 1156/92). Ziel der Befragung war es, Sachverständige zu finden, die bereit sind, Vergleichsobjekte unter Offenlegung von Befundtatsachen in dem vom Verfassungsgericht geforderten Umfang bekanntzugeben. Es hat sich kein Sachverständiger gefunden. Auch die von den Klägern genannten Sachverständigen A., B. und C. sind zur Offenlegung von Daten aus ihrer Sammlung von Vergleichswohnungen nicht bereit. Auch dies ist den Klägern insbesondere aus den Prozessen vor der 8. Zivilkammer bekannt (vgl. obiges Aktenzeichen). Der Sachverständige A. hat zudem mitgeteilt, daß ihm aus K.-Stadt zu wenige Vergleichsobjekte bekannt seien und er auch aus diesem Grunde zur Erstellung von Mietgutachten für Wohnungen in K.-Stadt nicht in Betracht komme. Die Kläger sind nicht in der Lage, einen Sachverständigen zu benennen, der bereit ist, ein Obergutach...