Entscheidungsstichwort (Thema)

Notarkostenbeschwerde

 

Tenor

I. Auf die Weisungsbeschwerde des Notars … wird die Kostenrechnung vom 28. Oktober 2002 (Kostenregister-Nr. 961/2002) unter Aufrechterhaltung im Übrigen dahin abgeändert, dass zusätzlich eine 20/10 Gebühr gemäß § 47 KostO für die Beurkundung der Bestellung des ersten Aufsichtsrates in der Errichtungsurkunde vom 28. Oktober 2002 (Urk.R.Nr. 961/2002) in Höhe von

168,– EUR

erhoben wird und sich Gesamtbetrag der Kostenrechnung auf

440,29 EUR

erhöht.

II. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer beurkundete am 28.10.2002 die Errichtung einer Aktiengesellschaft (Urk.R.Nr. 961/2002).

Der Kostenschuldner zu 1.) errichtete die Firma … AG (Kostenschuldnerin zu 2.) mit Sitz in Bayreuth. Zugleich bestellte er unter Ziff. IV. der Urkunde die Mitglieder des ersten Aufsichtsrates und unter Ziff. V. einen Abschlussprüfer.

Mit Kostenrechnung vom 28.10.2002 (Kostenregister-Nr. 961/2002) hat der Beschwerdeführer für die Beurkundung der Errichtungsurkunde eine 10/10 Gebühr gemäß § 36 Abs. 1 KostO aus einem Geschäftswert von 50.000 EUR erhoben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Kostenrechnung, die nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, wird auf Blatt 9 d.A. Bezug genommen.

Die Notarkasse ist der Auffassung, dass die Bestellung des Aufsichtsrates und des Abschlussprüfers ein Beschluss im Sinne von § 47 KostO sei, für den zusätzlich eine 20/10 Gebühr aus einem Geschäftswert von 25.000 EUR (gemäß §§ 27, 26 Abs. 4 Nr. 1 KostO a.F.) zu berechnen sei. Die Gebühr in Höhe von 168,00 EUR sei nachzufordern.

Der Präsident des Landgerichts Bayreuth hat die entsprechende Beanstandung der Notarkasse, die in einem Bericht vom 09.10.2003 niedergelegt ist, zum Anlass genommen, den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 02.06.2005 unter Bezugnahme auf diesen Bericht anzuweisen, gemäß § 156 Abs. 6 KostO die Entscheidung des Landgerichts Bayreuth herbeizuführen.

Dieser Weisung ist der Notar mit seiner Beschwerde vom 16.06.2005 nachgekommen. Er beantragt unter Bezugnahme auf die Verfügung des Landgerichtspräsidenten eine Entscheidung dahin, ob die Urkunde richtig bewertet ist.

Er ist der Auffassung, dass es sich bei der Bestellung des ersten Aufsichtsrates und des Abschlussprüfers um einen notwendigen Bestandteil der Gründung der Aktiengesellschaft handele. Die Bestellung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrates erfolge nicht durch willensbildenden Mehrheitsbeschluss. „Die Gründer” seien kein Organ der Aktiengesellschft. Das Gesetz unterscheide terminologisch zwischen den ersten Aufsichtsratsmitgliedern, die „bestellt” würden (§ 30 Abs. 1 Satz 1 AktG) und den Aufsichtsratsmitgliedern, die von der Hauptversammlung „gewählt” (§ 101 AktG) werden.

Der Präsident des Landgerichts Bayreuth hat sich zu der Weisungsbeschwerde am 06.07.2005 geäußert. Die Notarkasse hat am 28.07.2005 Stellung genommen. Wegen der Einzelheiten der Stellungnahmen wird auf Blatt 16 bzw. Blatt 26 bis 28 d.A. Bezug genommen.

Der Präsident des Landgerichts Bayreuth, die Notarkasse und der Beschwerdeführer regen übereinstimmend an, die weitere Beschwerde zuzulassen.

Die Kostenschuldner wurden zur Weisungsbeschwerde gehört.

 

Entscheidungsgründe

II.

Auf die zulässige Weisungsbeschwerde ist die Kostenrechnung des Beschwerdeführers vom 28.10.2002 (Kostenregister-Nr. 961/2002) abzuändern.

1. Die Weisungsbeschwerde ist gemäß § 156 Abs. 6 KostO statthaft. Eine Beschwer des Notars ist bei der Weisungsbeschwerde nicht Zulässigkeitsvoraussetzung. Auch die Frist des § 156 Abs. 3 KostO ist nicht zu beachten (vgl. Hartmann KostO, 35. Aufl. Rdn. 75 zu § 156).

2. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nur die Frage, ob der Notar neben der erhobenen Gebühr gemäß § 36 Abs. 1 KostO eine Beschlussgebühr für die Beurkundung der Bestellung des ersten Aufsichtsrates und des Abschlussprüfers gemäß § 47 KostO zu erheben hat. Nur die in der Anweisungsverfügung beanstandeten Punkte unterliegen der Nachprüfung des Gerichts (BayObLG JurBüro 1998, 206 m.w.N.).

Die Kammer schließt sich in dieser Frage den überzeugenden Ausführungen des OLG Zweibrücken im Beschluss vom 17.05.2002 (JurBüro 2002, 492) und der in der Literatur überwiegend vertretenen Auffassung (z.B. Korintenberg-Bengel/Tiedtke Kostenordnung, 16. Aufl., Rdn. 14 zu § 41 c; Göttlich/Mümmler KostO, 14. Aufl., „Aktiengesellschaft” Ziff. 1.4) an, dass die Bestellung des ersten Aufsichtsrates durch einen Beschluss im Sinne von § 47 KostO erfolgt.

Die Bestellung des ersten Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft erfolgt bei Gründung durch Beschluss der Gründer (Hüffer AktG, 6. Aufl., Rdn. 2 zu § 30). Die Gründerversammlung wird als Organ der Vorgesellschaft der Aktiengesellschaft tätig (OLG Zweibrücken a.a.O., mit weiteren Nachweisen). Dabei kommt es nicht darauf an dass mit der Gründung die Vor-Aktiengesellschaft erst entsteht und die Bestellung des ersten Aufsichtsrates in derselben Urkunde geschieht (OLG Zweibrücken a.a.O.).

Zwar hat hier keine Gründerversammlung mit Beschluss...

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