Verfahrensgang
AG Bayreuth (Entscheidung vom 20.04.2005; Aktenzeichen 7 C 64/05) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Amtsgerichts Bayreuth - Zweigstelle Pegnitz - vom 20. April 2005 (Az.: 7 C 64/05) wird zurückgewiesen.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Unfallversicherung auf Zahlung von Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld für vollstätionäre Heilbehandlungen vom 30.09.2004 bis 21.12.2004 in Anspruch.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Teilurteil des Amtsgerichts Bayreuth - Zweigstelle Pegnitz - vom 20.04.2005 Bezug genommen. Das Amtsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger 1.163,75 EUR Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld für die stationären Aufenthalte im Krankenhaus Pegnitz vom 01.10.2004 bis 05.10.2004 und im Klinkum Nürnberg vom 06.10.2004 bis 11.11.2004 zugesprochen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie verfolgt mit ihrem Rechtsmittel ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Sie meint weiterhin, dass der Kläger keinen "Unfall" im Sinne des Versicherungsrechts erlitten habe. Zudem stellt sie im Berufungsverfahren klar, dass sie auch die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlungen in Krankenhäusern vom 1.10.2004 bis 11.11.2004, und nicht nur die der anschließenden vollstationären Reha-Maßnahmen bestreitet.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Das Amtsgericht hat dem Kläger zurecht für den Zeitraum vom 01.10.2004 bis 11.11.2004 Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld zugesprochen.
Aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts ist auch die Kammer der Auffassung, dass der Kläger einen Unfall im Sinne von §1 Ziffer III AUB 88/BVV erlitten hat. Ein Unfall liegt danach vor, wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet.
Der Begriff der Plötzlichkeit enthält objektive und subjektive Elemente. Einmal wird ein Zeitmoment angesprochen, wobei entscheidend die Dauer der Einwirkung ist. Diese muss innerhalb eines kurz bemessenen Zeitraumes erfolgen. Zeitlich ist "plötzlich" als Gegensatz zu "allmählich" zu verstehen (vgl. Prölss/Martin VVG, 27. Aufl., Rdn. 14 zu §1 AUB 94 m.w.N.). Das Erfordernis des Plötzlichen dient der Abgrenzung der versicherten Risiken gegenüber solchen Ereignissen, die durch einen allmählichen, sich über längeren Zeitraum erstreckenden Eintritt des schädigenden Umstandes gekennzeichnet sind (Grimm Unfallversicherung, 3. Aufl., Rdn. 21 zu §1 m.w.N.; BGH VersR 85, 177). Eine zeitliche Grenze zwischen "plötzlich" und "allmählich" lässt sich nicht abstrakt mit einer festen Mindest- und Höchstdauer, sondern nur anhand des Einzelfalles ziehen (Grimm a.a.O.). Maßstab für die Bestimmung der zeitlichen Grenzen zwischen beiden Begriffen kann allein der Sinn und Zweck der Norm sein, der darin liegt, den Versicherten vor den Folgen von Ereignissen zu schützen, die von außen innerhalb eines Zeitraums auf ihn wirken, der zu kurz ist, um der schädigenden Einwirkung auszuweichen oder ihr wirksam zu begegnen. Dementsprechend wurde von der Rechtsprechung auch schon eine zweistündige Operation, eine 40 Minuten dauernde Bestrahlung oder einige Stunden dauerndes Ausströmen von Gas aus einem Ofen als kurzer Zeitraum angesehen (Grimm a.a.O. m.w.N.; RGZ 97, 189; 120, 18). Der maßgeblich schädigende Umstand war nach den Feststellungen des Amtsgerichts, dass der Kläger für die Dauer von etwa eineinhalb Stunden ohne angemessene Schutzkleidung im frischen Beton kniete. Bei allein objektiver Betrachtung wäre daher zweifelhaft, ob die schädigende Einwirkung "plötzlich" war, weil der Kläger, unabhängig von seinem subjektiven Kenntnisstand, jedenfalls einer längeren Einwirkung der chemischen Substanzen des Betons hätte ausweichen könnnen.
Im Ergebnis kann dies aber dahinstehen. Der Begriff des Plötzlichen erschöpft sich nicht in diesem Zeitmoment, er schließt vielmehr ein subjektives Element des Unerwarteten, nicht Vorausgesehenen, Unentrinnbaren mit ein, das an die Erwartungen und Vorstellungen des Betroffenen anknüpft (Prölss/Martin a.a.O. Rdn. 15 m.w.N.). Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Kläger die Möglichkeit der Verätzungen weder vorausgesehen, noch hat er deren Eintritt während der Arbeiten bemerkt. Trotz der Dauer der Einwirkung, die sich nicht auf einen Augenblick beschränkte, bleibt deshalb nach Auffassung der Kammer das Merkmal des Überraschenden, Unerwarteten und (deshalb) Unentrinnbaren erhalten, so dass (noch) von einem "Unfall" im Sinne von §1 Ziffer III AUB 88/BVV auszugehen ist.
Das vom Amtsgericht zugesprochene Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ist nach §7 Ziffern IV. und V. AUB 88/BVV zu leisten. Zurecht weist zwar die Beklagte darauf hin, dass der Kläger die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass die vollstationäre He...