Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 13.04.2011) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 13. April 2011 aufgehoben und die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 20. Dezember 2010 festgesetzte Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis vorzeitig aufgehoben.
Gründe
I:
Der Beschwerdeführerin wurde durch Strafbefehl des Amtsgerichts Tiergarten vom 20. Dezember 2010 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen für die Dauer von acht Monaten entzogen, nachdem sie am 28. September 2010 ein Vergehen der fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs begangen hatte. Im Strafbefehl ist festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gegen 6.30 Uhr einen alkoholbedingten Auffahrunfall verursachte, wodurch am Fahrzeug des Unfallgegners ein Schaden von etwa 3.300 Euro entstanden ist. Die um 8.35 Uhr entnommene Blutprobe enthielt eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 /00. Gegen den Strafbefehl legte die Beschwerdeführerin Einspruch ein. In der Hauptverhandlung am 22. März 2011 räumte sie ein, bis maximal 1.30 Uhr getrunken und sich dann in ihrem Auto schlafen gelegt zu haben. Sie legte in Kopie ein Zertifikat über eine Haaranalyse, nach der Alkohol bei der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen werden konnte, und einen Bericht von Dr. K., Fachpsychologe für Verkehrspsychologie und amtlich anerkannter verkehrspsychologischer Berater, über die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Einzelintervention im Umfang von 12 Einzelsitzungen zu je 50 Minuten vor, nach der von einer Wiederherstellung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen werden könne. Mit Zustimmung der Amtsanwaltschaft nahm sie den Einspruch jedoch während der Hauptverhandlung zurück, womit der Strafbefehl rechtskräftig wurde. Die Fahrerlaubnis war ihr seit dem 11. Oktober 2010 vorläufig entzogen, der Führerschein war bereits seit dem 29. September 2010 beschlagnahmt.
Mit Schriftsatz vom 22. März 2011 beantragte die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht Tiergarten in Berlin, die Sperre zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 a Abs. 7 StGB aufzuheben und begründet dies mit der durchgeführten Einzelintervention und dem Ergebnis der Haaranalyse, wonach die Beschwerdeführerin abstinent lebe. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht mehr als ungeeignet anzusehen. Da die Voraussetzungen der Maßregel daher nicht mehr vorlägen, sei sie aufzuheben.
Mit Beschluss vom 13. April 2011, zugestellt am 15. April 2011, wies das Amtsgericht Tiergarten in Berlin den Antrag der Beschwerdeführerin zurück. Die angeordnete Sperrfrist von acht Monaten liege auch unter Berücksichtigung der Zeit der vorläufigen Entziehung an der untersten Grenze. Es lägen keine neuen Tatsachen vor, die eine anderen Entscheidung rechtfertigen würden. Zum einen habe der Bericht über die Einzelintervention und die Haaranalyse bereits zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vorgelegen. Zum anderen seien 12 Einzelstunden bei der Blutalkoholkonzentration und dem Unfallgeschehen nicht ausreichend, um die charakterliche Ungeeignetheit auszuräumen.
Die Beschwerdeführerin legte gegen diesen Beschluss am 15. April 2011 sofortige Beschwerde ein. Mit dem Bericht über die Einzelintervention und die Haaranalyse lägen neue Tatsachen vor. Sie seien erst nach Erlass des Strafbefehls durchgeführt worden. Da durch die Rücknahme des Einspruchs keine gerichtliche Entscheidung mehr habe ergehen können, sei dies der entscheidungserhebliche Zeitpunkt für die Frage der Neuheit. Die Blutalkoholkonzentration von 1,6___AMPX_‰_SEMIKOLONX___X sei dadurch relativiert, dass die Beschwerdeführerin unter dem Eindruck von Restalkohol nach einigen Stunden Schlaf gefahren sei.
Die Staatsanwaltschaft beantragt,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Die formellen Voraussetzungen des § 69 a Abs. 7 StGB liegen vor. Denn gemäß § 69 a Abs. 7 S. 2 i.V.m. § 69 a Abs. 5 S. 2 StGB dauert die Sperre bereits mehr als drei Monate. Da der Einspruch gegen den Strafbefehl zurückgenommen wurde, ist die Dauer der vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis in dem Zeitraum zwischen dem Erlass des Strafbefehls und der Rücknahme des Einspruchs mit zu berücksichtigen.
Gemäß § 69 a Abs. 7 S. 1 StGB kann das Gericht die Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis vorzeitig aufheben, wenn aufgrund neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Berücksichtigung kann hierbei insbesondere finden, dass der Verurteilte durch eine Nachschulung oder Verkehrstherapie eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwickelt hat (Fischer, StGB, 58. Aufl., Rn. 44 zu § 69 a). Dabei genügt die Vorlage einer Teilnahmebestätigung nicht automatisch für die vorzeitige Aufhebung der Sperre. Vielmehr bedarf es einer umfassende Gesamtwürdigung, ob der indizierte Eignungsmangel möglicherweise entfalle...