Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrsordnungswidrigkeit
Leitsatz (amtlich)
Wiedereinsetzung bei Terminsversäumnis: Bei Terminsverlegungsanträgen kurzfristig vor der Hauptverhandlung muss sich der Betroffene selbst bei Gericht über die beantragte Absetzung des Termins vergewissern; auf Auskünfte seines Verteidigers darf er nicht vertrauen.
Normenkette
StPO § 44 S. 1, § 329 Abs. 3; OWiG § 74 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Beschluss vom 09.02.2005; Aktenzeichen 341 OWi 2397/04) |
StA Berlin (Aktenzeichen 95 AR 112 PLs 4051/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgericht Tiergarten in Berlin vom 09. Februar 2005 wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.
Tatbestand
I.
Nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wurde durch Verfügung vom 04. November 2004 Termin zur Hauptverhandlung auf den 13. Januar 2005 anberaumt. Der Betroffene wurde am 10. November 2004, der Verteidiger am 11. November 2004 geladen. Am 11. Januar 2005 um 15.08 Uhr beantragte der Verteidiger per Fax Terminsverlegung. Der Betroffene sei Vorarbeiter in einer Firma und vertrete am Terminstag seine Arbeitgeberin auf einer Messe in Westdeutschland. Eine Bestätigung der Arbeitgeberin fügte er bei. Der Verteidiger führte ergänzend aus, es sei bekannt, dass eine normale berufliche Tätigkeit nicht von der Verpflichtung zur Teilnahme am Termin entbinden könne, eine Vertretung auf einer Messe sei aber ein besonderes Ereignis. Er bitte um Mitteilung der Entscheidung noch am 12. Januar 2005, damit die mit der Terminswahrnehmung beauftragten Berliner Kollegen rechtzeitig informiert werden könnten.
In der Hauptverhandlung vom 13. Januar 2005 erschien der Betroffene nicht. Sein Einspruch wurde gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, da die Entschuldigung nicht für ausreichend erachtet wurde.
Der Verteidiger legte namens des Betroffenen Rechtsbeschwerde ein und beantragt Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bezüglich der Säumnis in der Hauptverhandlung. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches trug er vor:
Am 10. Januar 2005 habe sich der Betroffene mit der Anwaltskanzlei in Verbindung gesetzt. Er solle für seine Arbeitgeberin an der Messe teilnehmen. Ihm wurde mitgeteilt, dass er eine Bescheinigung des Arbeitsgebers vorlegen solle, damit würde man Terminsverlegung beantragen. Ihm wurde weiter mitgeteilt, „dass er zunächst davon ausgehen solle, dass der Termin verlegt würde. Anderenfalls würden wird uns mit ihm wieder in Verbindung setzen.” Die Sekretärin der Anwaltskanzlei sei beauftragt worden, in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Nachfrage zu halten, was ihr jedoch weder im weiteren Verlauf des Nachmittags des 11. Januar 2005 noch während des gesamten 12. Januar 2005 gelungen sei. Erst am 13. Januar 2005 gegen 09.00 Uhr konnte die Richterin erreicht und in Erfahrung gebracht werden, dass der Termin bestehen bleibe. Daraufhin habe sich der Verteidiger mit dem Büro der Terminsanwälte in Verbindung gesetzt und mitgeteilt, dass der Betroffene nicht erscheinen könne, ein entsprechender Verlegungsantrag aber abgelehnt worden sei. Ihm sei mitgeteilt worden, man wüsste, was zu tun sei. Der Verteidiger sei davon ausgegangen, dass durch die Terminsanwälte im Termin beantragt werden würde, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu entbinden und dass diesem Antrag stattgegeben werden würde, weil es den Umständen nach (Geschwindigkeitsverstoß, Fahrereigenschaft unstreitig, Eichungsfragen etc) auf seine Anwesenheit nicht ankomme. Deshalb habe der Verteidiger davon abgesehen, den Betroffenen darüber zu informieren, dass der Termin nicht verlegt werden würde. Deswegen habe der Betroffene entsprechend dem früheren Telefonat davon ausgehen können, dass der Termin verlegt werde. Der Verteidiger räumte ausdrücklich ein, dass die Behandlung dieser Angelegenheit kein sonderlich gutes Licht auf seine anwaltliche Tätigkeit werfe, dem Betroffenen könnten aber Fehler des Verteidigers nicht zum Vorwurf gemacht werden. Zur Glaubhaftmachung legte er eidesstattliche Versicherungen von sich selbst und seiner Kanzleiangestellten vor.
Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss das Wiedereinsetzungsgesuch zurückgewiesen. Der Betroffene habe sich nicht darauf verlassen können, dass der Termin verlegt würde, es sei ihm möglich und zumutbar gewesen, sich am Morgen bei Gericht zu erkundigen.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner sofortigen Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Ausbleiben eines Angeklagten in der Hauptverhandlung ist entschuldigt, wenn ihm bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalles daraus billigerweise kein Vorwurf gemacht werden kann. Auf eine Mitteilung seines Verteidigers, selbst wenn sie rechtsirrig ist, kann ein Angeklagter sich unter Umständen verlassen. Denn grundsätzlich ist dem Betroffenen ein Verschulden seines Verteidigers nicht zuzurechnen. Dies gilt jedoch nicht, wenn den Betroffenen auc...