Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändung von Eigengeld eines Strafgefangenen
Leitsatz (redaktionell)
1. Sinn und Zweck der Pfändungsgrenzen für das Arbeitseinkommen ist es, dem Schuldner die Mittel zu belassen, die für seine Existenz und für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit erforderlich sind. Den Maßstab bilden dabei die Bedürfnisse eines in Freiheit lebenden und arbeitenden Menschen.
2. § 850k ZPO gilt nur für Guthaben bei einem Geldinstitut. Die Zahlstelle einer Justizvollzugsanstalt betreibt die Kontoführung für die Gefangenen nicht „geschäftsmäßig”. Somit ist diese Zahlstelle kein Geldinstitut in diesem Sinne.
Normenkette
StrVollzG §§ 52, 43; ZPO § 850 ff.
Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Entscheidung vom 12.08.1991; Aktenzeichen 34 M 5273/87) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Unter Zurückweisung des Antrags des Schuldners vom 12. Februar 1991 werden die Ansprüche des Schuldners auf die Zahlung von Eigengeld gegen die Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt Tegel – Nr…. – erneut gemäß Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 23. September 1987 gepfändet, auch soweit sie aus Einzahlungen von Arbeitsentgelt des Schuldners als Koch in der Gefangenenküche stammen. Die Pfändung wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Drittschuldner wirksam.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Im übrigen trägt der Schuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens bei einem Wert von 720,00 DM.
Gründe
Die Gläubigerin hatte den Beschluß vom 23. September 1987 erwirkt, durch den aufgrund des Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts Schöneberg vom 25. November 1982 – 28 B 50658/82 – wegen einer Hauptforderung von 3.985,07 DM nebst Zinsen und Kosten die Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung des bei der Zahlstelle der Haftanstalt verwahrten Eigengeldes gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen worden sind, soweit das Eigengeld nicht nach § 51 StVollzG unpfändbar ist.
Mit Schriftsatz vom 12. Februar 1991 hat der Schuldner die Aufhebung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt und zur Begründung u.a. vorgetragen: Für seine Tätigkeit als Koch in der Gefangenenküche, beziehe er derzeit ein Entgelt in Höhe von ca. 180,00 DM monatlich. Dieses Geld werde ihm auf seinem Konto bei der Zahlstelle der Justizvollzugsanstalt Tegel unter der Nr. … gutgeschrieben. Diese Zahlstelle stehe einem Geldinstitut gleich. Ein Drittel dieser Bezüge verbleibe ihm monatlich als Eigengeld, über das er frei verfügen könne. Sein Arbeitsentgelt unterliege in voller Höhe dem Pfändungsschutz des § 850c ZPO und sei als wiederkehrende Leistung i.S.v. § 850k ZPO anzusehen, so daß die Pfändung unzulässig sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei der Strafgefangene dem freien Arbeitnehmer gleichzustellen. Er sei auf sein Eigengeld angewiesen, wenn er sich privat notwendige Dinge beschaffen wolle, die ihm die Anstalt nicht gewähre, z.B. Zahnersatz, Brillen, Bücher, Kosmetika und zusätzliche Kost. Vorsorglich berufe er sich auch auf § 765a ZPO.
Durch Beschluß des Rechtspflegers vom 14. Juni 1991 ist der Antrag des Schuldners zurückgewiesen worden. In den Gründen des Beschlusses heißt es u.a.: § 850k ZPO gelte nicht für die Pfändung von Eigengeld eines Strafgefangenen. Da der notwendige Lebensunterhalt des Schuldners in der Haftanstalt gesichert sei, liege bei der Pfändung eines Eigengeldes auch keine sittenwidrige Härte vor.
Gegen diesen nur ihm selbst, aber nicht an seinen Verfahrensbevollmächtigten zugestellten Beschluß hat der Schuldner mit Schriftsatz vom 19. Juli 1991 Erinnerung eingelegt, sich auf sein bisheriges Vorbringen berufen und ferner ausgeführt, daß sich auch ein Strafgefangener gegen Pfändungen wehren können müsse.
Durch Beschluß des Richters vom 12. August 1991 ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 23. September 1987 dahin geändert worden, daß die Eigengeldanteile, die aus dem dem Schuldner zustehenden Arbeitslohn als Koch der Gefangenenküche stammen, von der Pfändung ausgenommen werden; der Beschluß vom 14. Juni 1991 ist aufgehoben worden. In den Gründen heißt es u.a.: Auch das Arbeitsentgelt des Strafgefangenen unterliege den Bestimmungen der §§ 850, 850c, 850k ZPO. § 51 StVollzG sei nur eine ergänzende Schutzvorschrift. Der Strafgefangene müsse über sein Arbeitsentgelt ebenso wie ein Arbeitnehmer in Freiheit verfügen können. Die Zahlstelle der Haftanstalt sei als Geldinstitut i.S.d. § 850k ZPO anzusehen. Wegen seiner allgemeinen Versorgung in der Haftanstalt sei jedoch dem Einkommen des Strafgefangenen ein Betrag von 500,00 DM monatlich zuzuschlagen, was im vorliegenden Falle ein Einkommen von 680,00 DM ergebe, so daß dieses unpfändbar sei.
Gegen diesen ihr am 20. August 1991 zugestellten Beschluß hat die Gläubigerin mit Schreiben vom 28. August 1991, eingegangen am 30. August 1991, sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Änderung des Pfändungs- und ÜberweisungsbeschIusses vom 23. September 1987 rückgängig zu machen. Zur Begründung hat sie u.a. ausgeführt: Das Arbeitsentgelt eines Strafgefangenen im b...