Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumsanlage

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Neukölln (Beschluss vom 26.04.1999; Aktenzeichen 70 II 108/97.WEG)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neukölln vom 26. April 1999 – 70 II 108/97.WEG – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegner anstelle der vom Amtsgericht ausgesprochenen Verpflichtung verpflichtet wird, den Betrieb der Bäckerei in der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten, im Erdgeschoss Mitte und links gelegenen Gewerbeeinheit zu unterlassen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Antragsgegner angedroht, dass gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten festgesetzt wird.

2. Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten beider Instanzen zu tragen. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird auch für die zweite Instanz nicht angeordnet.

3. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen jeweils auf 20.000,00 DM festgesetzt.

4. Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung für die Zeit ab 1. Oktober 2000 bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens bezüglich seiner vorgenannten Eigentumseinheit verpflichtet,

  1. das tägliche Backen in der Zeit von 22.00 bis 4.00 Uhr,
  2. jeglichen Lieferverkehr des Bäckereibetriebs in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr

    und

  3. das Öffnen der Türen und Fenster der Bäckerei in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr zu unterlassen.

Die in Ziffer 1 Satz 2 enthaltene Androhung gilt auch bei einem Verstoß gegen die vorstehend in Satz 1 Buchst. a bis c enthaltene Anordnung.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten waren bei Verfahrenseinleitung Mitglieder der Wohnungseigentumsanlage

Vor der Aufteilung des Grundstücks vermietete der vormalige Alleineigentümer des Grundstücks am 16. Februar 1993 dem Zeugen … mit Wirkung vom 1. März 1993 zu einem Mietzins von 3.450,00 DM, verbunden mit einer fünfprozentigen jährlichen Mietzinserhöhung, eine Gewerbefläche im Vorderhaus, Erdgeschoss links und Mitte, bestehend aus zwei Ladenräumen, einem Nebenraum, einer Küche, einer Diele, zwei Toiletten, zwei Kellern zum Betrieb einer Bäckerei (Kopie des Mietvertrags Bd. I Bl. 18 ff. d.A.). Aufgrund einer Bau- und Betriebsbeschreibung vom 24. März 1993 (Bd. II Bl. 166 d.A.), wonach es sich bei dem Vorhaben der Mieter um eine türkische Bäckerei handelte, die türkische Spezialitäten für die umliegenden Einwohner anbieten sollte, und drei Verkaufspersonen im Laden tätig sein sollten, erließ das Bezirksamt Neukölln – Wohnungs- und Bauaufsichtsamt – am 29. Juni 1993 eine entsprechende Bauerlaubnis für den Umbau der Gewerberäume.

Aufgrund der Teilungserklärung vom 2. Juli 1993 (UR Nr. 625/93 des Notarvertreters Rechtsanwalt … Berlin, Bd. I Bl. 42 ff. d.A.) wurde das Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. Bezüglich der vorgenannten Gewerbefläche wurde nach II.2. der Teilungserklärung ein Miteigentumsanteil von 524/10.000 gebildet, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Gewerbeeinheit sowie dem Kellerraum Nr. 2. In der Teilungserklärung heißt es zu III. § 4 – Nutzung des Wohnungseigentums:

„2. Die Wohnungen dürfen grundsätzlich nur zu Wohnzwecken genutzt werden. Die Ausübung eines Gewerbes bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verwalters. Für die derzeit in den Gewerbeeinheiten Nr. 1 und Nr. 2 betriebenen Gewerbe gilt diese Zustimmung als erteilt.

3. Der Verwalter kann die Einwilligung nur aus einem wichtigen Grund verweigern. Als wichtiger Grund ist insbesondere anzusehen, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder eine übermäßige Abnutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit sich bringt. Die Zustimmung kann widerrufen werden, wenn nachträglich eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder eine übermäßige Abnutzung des gemeinschaftlichen Eigentums eintritt oder Auflagen nicht beachtet werden. Verweigert der Verwalter die Einwilligung, kann seine Entscheidung durch Mehrheitsbeschluß der Wohnungseigentümer nach § 25 WEG korrigiert werden.”

Aufgrund eines Grundstückkaufvertrags vom 22. Juli 1993, der einen Gefahren-, Lasten- und Nutzenübergang auf den Käufer mit Wirkung vom 1. September 1993 vorsah, erwarb der Antragsgegner mit Grundbucheintragung vom 12. Januar 1994 das Eigentum an der vorgenannten Gewerbeeinheit. Zwischenzeitlich war in einem Nachtrag vom 1. Dezember 1993 zum vorgenannten Mietvertrag die … vertreten durch ihre Geschäftsführer … zur neuen Mieterin bestimmt worden. Zur Zeit wird die Bäckerei von der … betrieben. Geschäftsgegenstand sind nach dem Handelsregisterauszug vom 11. Februar 2000, wonach Geschäftsführer der GmbH … ist, die Herstellung und der Vertrieb von Pide, Ekmek, türkischem Baguette und türkischen Spezialitäten.

Nachdem an dem Gebäude von seinem gemauerten Hausschornstein ausgehend vom ersten bis fünften Obergeschoss auf der ...

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