Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 9 C 153/17) |
Tenor
Es wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss der Kammer gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO beabsichtigt ist.
Gründe
1) Die Formalien hat die Kammer nach Maßgabe des § 522 Abs. 1 ZPO geprüft. Das Rechtsmittel ist zulässig.
2) Die Berufung hat aber keine Aussicht auf Erfolg.
Das Amtsgericht hat die entscheidungserheblichen Fragen zum Bestehen eines Kündigungsrechts des Klägers zutreffend gestellt und beantwortet. Die Abweisung der Klage ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht zu beanstanden.
a) Die Berufungsbegründung betont vorrangig die Auffassung, dass im Falle der (hier ausschließlich erklärten) ordentlichen Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zuvor keine Abmahnung wegen der Pflichtverletzung ausgesprochen werden muss. Dieser Hinweis verhilft der Kündigung, auf die der Kläger seine Klage stützt, aber nicht zum Erfolg.
b) Nach Auffassung der Kammer trifft die Ansicht des Klägers in rein formaler Hinsicht insoweit zu, als dem Vorliegen einer Abmahnung nicht generell die Wirkung einer allgemeinen Voraussetzung für die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zukommt. Damit allein sind die rechtserheblichen Aspekte aber nicht hinreichend beschrieben; insbesondere kann nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass generell für eine Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB keine vorherige Abmahnung erforderlich ist.
Die Kammer schließt sich stattdessen der auch vom Amtsgericht bereits zitierten Auffassung der 67. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (in der Entscheidung vom 27.07.2016 zum Aktenzeichen 67 S 154/16) an, wo es überzeugend heißt: „… Zwar ist die vorherige Abmahnung keine Formalvoraussetzung für die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung (…), der Abmahnung kann jedoch für die Kündigung ausnahmsweise insofern Bedeutung zukommen, als erst ihre Missachtung durch den Mieter dessen Vertragsverletzung das für die Kündigung erforderliche Gewicht verleiht (…). Denn die vollständige oder teilweise Überlassung gemieteten Wohnraums an Touristen ohne Erlaubnis des Vermieters stellt zwar eine – vornehmlich in Metropolen – nicht seltene Erscheinung dar; ihre Vertragswidrigkeit und grundsätzliche Steuerpflichtigkeit ist den Mietern – bereits ausweislich der Häufigkeit und des Umfangs der erfolgenden Gebrauchsüberlassungen – aber häufig nicht hinreichend bewusst (…)”.
In einem Dauerschuldverhältnis ist es besonders naheliegend, dass früher oder später unterschiedliche Auffassungen über die genauen Inhalte und Grenzen der vertraglichen Befugnisse entstehen. Für die schärfste Konsequenz aus solchen Differenzen, nämlich die Kündigung des betroffenen Dauerschuldverhältnisses, geht das Gesetz generell davon aus, dass die Parteien sich zunächst konkret erläutern, wie der eigene Standpunkt genau lautet, und welche rechtlichen Folgen daraus abgeleitet werden sollen. Dies ist der Inhalt des Verfahrens einer Abmahnung, das der Gesetzgeber nicht nur für einzelne Vertragstypen (etwa im Mietverhältnis gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB) als Regelfall vorgesehen hat, sondern das ausweislich des § 314 BGB als allgemeiner schuldrechtlicher Grundsatz für alle Vertragstypen einer rechtlichen Dauerverbindung Beachtung fordert. Die Kündigung aus dem Anlass unterschiedlicher Auffassungen zu wechselseitigen Befugnissen im laufenden Vertrag soll als ultima ratio fungieren, wenn entweder ausnahmsweise jede vorherige (im Rahmen einer Abmahnung betriebene) Verbalisierung unzumutbar oder offensichtlich sinnlos erscheint, oder wenn eben diese Verbalisierung zunächst zwischen den Vertragspartnern stattgefunden hat. Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, muss grundsätzlich klar erläutert worden sein, dass und worin eine entsprechend gewichtige Pflichtverletzung erblickt wird, und dass es nach der Vorstellung des Abmahnenden bei Fortdauer des beanstandeten zur ultima ratio der Kündigung kommen soll und wird.
c) Jedenfalls im Wohnraummietrecht spielt es für diesen rechtlichen Zusammenhang keine entscheidende Rolle, dass die Vorschriften der §§ 314, 543 Abs. 3 BGB sich allein auf die Beendigung „ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist” beziehen. Wenn die Kündigung nach § 573 Abs. 2 BGB nach dieser Formulierung vom Regelungsbereich der genannten Vorschriften nicht umfasst ist, folgt daraus nur, dass es ein formales Erfordernis für eine (ausdrücklich auch so zu bezeichnende) Abmahnung in diesem Bereich nicht gibt.
Gleichwohl ist die Anforderung an die Parteien eines Wohnraummietvertrages, sich im Normalfall unterschiedliche Vorstellungen von den beiderseitigen Rechten und Pflichten zunächst zu verdeutlichen, und erst danach abhängig von der Reaktion der anderen Vertragspartei zum Mittel einer Kündigung zu greifen, inhaltlich über die Erfordernisse einer „schuldhaften” Pflichtverletzung, die sich als „nicht unerheblich” darstellen muss, auch in die Vorschrift des § 573 Abs. 2 Nr...