Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 24.06.2005; Aktenzeichen 428 Ds 139/05.Jug) |
Tenor
In der Strafsache ... wird dem Angeklagten auf dessen Beschwerde unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 24. Juni 2005 Rechtsanwalt ... als Verteidiger bestellt.
Gründe
I.
Gegen den Beschwerdeführer wird derzeit beim Amtsgericht Tiergarten in Berlin das hiesige Verfahren geführt, in dem ihm mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Berlin vom 9. März 2005 zur Last gelegt wird, am 26. September 2004 ein Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis begangen zu haben.
In einem weiteren, gegen den Beschwerdeführer bei der Staatsanwaltschaft Berlin unter dem dortigen Aktenzeichen 1 Bra Js 2214/05 geführten Verfahren hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin am 26. Mai 2005 wegen zweifachen versuchten Diebstahls in einem besonders schweren Fall und wegen zweifacher Brandstiftung Haftbefehl erlassen, für den sich der Beschwerdeführer seit diesem Tage in Untersuchungshaft befindet.
Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2005 hat der Verteidiger des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Inhaftierung seines Mandanten in dem soeben benannten Verfahren im hiesigen Verfahren die Beiordnung als Pflichtverteidiger beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin mit Beschluss vom 24. Juni 2005 abgelehnt. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 7. Juli 2005 Beschwerde eingelegt.
II.
Das seitens des Verteidigers des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel ist als zulässige Beschwerde dessen Mandanten zu behandeln. Zwar hat der Verteidiger des Angeklagten die Beschwerde in eigenem Namen erhoben, obgleich ihm ein eigenes Beschwerderecht gegen die Ablehnung der Bestellung durch das Amtsgericht Tiergarten in Berlin nicht zusteht (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 48. Auflage 2005, § 141 StPO Rn. 10). Jedoch folgt aus dem Vortrag des Verteidigers in der ursprünglichen Antragsschrift vom 13. Juni 2005 und in der Beschwerdeschrift vom 7. Juli 2005, dass dieser das Rechtsmittel in seiner Funktion als Beistand des Angeklagten für diesen eingelegt hat.
Die Beschwerde des Angeklagten hat auch in der Sache Erfolg. Dem Angeklagten steht vorliegend gemäß § 68 Nr. 4 JGG ein Anspruch auf Bestellung seines Verteidigers als Pflichtverteidiger für das weitere Verfahren zu.
Gemäß § 68 Nr. 4 JGG ist dem Beschuldigten, der das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unverzüglich ein Verteidiger zu bestellen, wenn gegen ihn Untersuchungshaft vollstreckt wird. Diese Vorschrift ist dahin auszulegen, dass dem minderjährigen Beschuldigten ohne schuldhaftes Zögern ein Pflichtverteidiger beizuordnen ist, sobald sich dieser in Untersuchungshaft befindet, wobei es für die Pflicht zur Bestellung eines Verteidigers ohne Bedeutung ist, ob sich der Beschuldigte gerade für das Verfahren, für das eine Pflichtverteidigerbestellung zu prüfen ist, oder für ein anderes Verfahren in Untersuchungshaft befindet, soweit gegen ihn nur überhaupt Untersuchungshaft vollzogen wird.
Bereits der Wortlaut des § 68 Nr. 4 JGG spricht für diese Auslegung. Der Gesetzgeber hat in dieser Vorschrift lediglich die Tatsache der Inhaftierung eines noch nicht achtzehnjährigen Beschuldigten als Anknüpfungspunkt für die Erforderlichkeit der Bestellung eines Verteidigers festgelegt. Ein weiteres, darüber hinaus gehendes Erfordernis wird für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers im Gesetz nicht benannt. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Verteidigerbestellung eine Differenzierung hat vornehmen wollen, die sich danach richtet, ob sich der Beschuldigte gerade für das Verfahren, in dem die Beiordnungsfrage zu prüfen ist, oder für ein anderes Verfahren in Untersuchungshaft befindet. Dass nur in dem Verfahren, für das sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet, eine Beiordnung nach § 68 Nr. 4 JGG möglich sein und erfolgen soll, lässt sich der Gesetzesfassung nicht entnehmen. Eine Verteidigerbestellung im Hinblick auf die tatsächlich - wenn auch in einem anderen Verfahren - erfolgte Inhaftierung des hiesigen Beschwerdeführers vorzunehmen, lässt sich somit ohne weiteres mit dem Wortlaut des § 68 Nr. 4 JGG vereinbaren.
Diese Auslegung von § 68 Nr. 4 JGG entspricht auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Der Gesetzgeber hat durch das Erste Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes vom 30. August 1990 die Regelung des § 68 Nr. 4 JGG in das Jugendgerichtsgesetz aufgenommen, um dem schon angesichts seines Alters in seinen Verteidigungsmöglichkeiten eingeschränkten inhaftierten Jugendlichen die unverzügliche Sicherstellung anwaltlicher Hilfe zukommen zu lassen. Hierdurch sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Jugendliche über eine geringere Handlungskompetenz als Erwachsene verfügen und die Trennung von dem gewohnten sozialen Umfeld bei Jugendlichen im Falle ihrer Inhaftierung zu nachteiligen Auswirkungen führt, die ausgeprägter al...