Verfahrensgang

AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 01.01.1000; Aktenzeichen AG Berlin-Tiergarten - 248/247 Cs 351/99)

 

Tenor

Das Amtsgerichts Tiergarten, Abteilung 247, ist sachlich zuständig.

 

Gründe

Mit Strafbefehl vom 25. März 1999, rechtskräftig seit dem 30. April 1999, hat das Amtsgericht Tiergarten gegen den Verurteilten eine Gesamtgeldstrafe 30 Tagessätzen zu 40 DM festgesetzt, auf die 100 DM gezahlt worden sind. Nachdem weitere Zahlungen ausgeblieben waren, hat die Staatsanwaltschaft Berlin zur Vollstreckung von 27 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe am 19. Juni 2000 gemäß § 457 Haftbefehl erlassen. Am 21. Januar 2001 ist Aydin G... verhaftet und nach Zahlung von 1080 DM durch seine Schwiegermutter, Frau Petra U..., wieder entlassen worden. Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2001 hat der Verteidiger des Aydin G... Beschwerde gegen den Haftbefehl eingelegt und deren Begründung mit Schriftsatz vom 10. Mai 2001 ergänzt. Darin hat er vorgetragen, der Strafbefehl bezeichne als Beschuldigten zwar gegen seinen Mandanten, betreffe jedoch in Wahrheit dessen Bruder Mehmet G..., der die Personalien des Aydin G... benutzt habe.

Nach Auffassung der Abteilung 247 des Amtsgerichts Tiergarten ist in dem Schriftsatz vom 10. Mai 2001 ein Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu sehen, über den nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts Tiergarten die Abteilung 248 zu entscheiden habe. Nach deren Ansicht liegt jedoch ein Antrag nach § 458 StPO vor, für den die Abteilung 247 als erstinstanzliches Gericht zuständig sei. Der Vorsitzende der Abteilung 248 hat die Sache dem Landgericht Berlin zur Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit vorgelegt.

Die Kammer entscheidet in entsprechender Anwendung des § 14 StPO.

Sachlich zuständig ist das erkennende Gericht, das Amtsgericht Tiergarten, Abteilung 247. Es hat gemäß § 411 StPO über den Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl vom 25. März 1999 zu entscheiden. Dahin ist der Schriftsatz des Verteidigers vom 10. Mai 2001 in Verbindung mit dem Schriftsatz vom 22. Januar 2001 gemäß § 300 StPO umzudeuten (vgl. KG, Bschl. vom 13. Juni 2000 - 5 Ws 408/00 -), da dieser weitergeht als Einwendungen nach § 458 StPO gegen die Vollstreckung aus einem - nach dem Vertrag des Beschwerdeführers - noch nicht rechtskräftigen Strafbefehl. Zwar ist damit dem Wortlaut nach ausdrücklich nur Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 19. Juni 2000 eingelegt worden. Aus dem Gesamtinhalt der Verfahrenserklärung ergibt sich indessen deren Zielrichtung, Aydin G... vor einer Bestrafung aus dem Strafbefehl zu bewahren. Der Haftbefehl ist jedoch durch die Zahlung der 1080 DM gegenstandslos geworden, so daß eine gerichtliche Überprüfung durch die vorgenannte Beschwerde nicht mehr erreicht werden kann (vgl. OLG Hamm NStZ 1982, 524). Obgleich die Eingabe von einem Rechtsanwalt gefertigt worden ist, so daß eher auf den Wortlaut abzuheben ist (vgl. KG a.a.O.), ist hier eine Umdeutung geboten, denn der Beschwerdeführer ist rechtsirrtümlich davon ausgegangen, nicht von dem Strafbefehl betroffen zu sein.

Das ist aber nicht der Fall. Die Rechtsprechung, nach der durch ein Urteil verurteilt wird, wer - unter welchem Namen auch immer - angeklagt und in der Hauptverhandlung verurteilt worden ist (BGH NStZ-RR 1996, 9; OLG Köln MDR 1993, 865), ist auf den Erlaß eines Strafbefehls nicht übertragbar. Vielmehr richtet sich ein Strafbefehl, wie eine Anklageschrift (vgl. dazu BGH NStZ 1990, 290, 291) jedenfall dann gegen die darin bezeichnete Person, wenn diese wirklich existiert und es sich nicht nur um einen Phantasienamen oder den Falschnamen einer anderen Person handelt. Die Person wird in erster Linie durch Nach- und Vornamen sowie Geburtstag und -ort bezeichnet, weil diese Merkmale unveränderlich sind; der Angabe des Wohnortes kommt hierzu allenfalls eine geringe Bedeutung zu. Insbesondere kann nicht angenommen werden, ein Strafbefehl richte sich immer gegen den, der die verfahrensgegenständlichen Taten begangen habe, weil ein Ermittlungsergebnis auch falsch sein kann.

Im vorliegenden Fall richtet sich der Strafbefehl deshalb gegen Aydin G..., dessen Personalien darin genannt werden. Es handelt sich um eine existierende Person, die hinreichend genau benannt worden ist, um sie von anderen unterscheiden zu können; der möglicherweise falsche Wohnort steht dem nicht entgegen. Nur diese Auffassung wird dem Interesse der Rechtssicherheit und -klarheit gerecht. Die Annahme, der Strafbefehl betreffe in Wahrheit den Bruder des Beschwerdeführers, könnte nur auf Umstände gestützt werden, die nicht sicher festgestellt sind. Schließlich könnten es auch ein Dritter oder aber auch der Beschwerdeführer selbst gewesen sein, der die Taten begangen hat.

Da sich der Strafbefehl nach zutreffender Ansicht gegen Aydin G... richtet, ist es aus seiner Sicht geboten, diesen mit einem Einspruch anzugreifen. Der Umdeutung der Beschwerde in einen Einspruch steht nicht entgegen daß dieser verfristet sein könnte. Nach dem Vortrag des Beschwerdefü...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?