Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietvertragsrecht: Vollstreckung der Pflicht zur wöchentlichen Reinigung des Treppenhauses

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Dauerverpflichtungen (hier: wöchentliche Reinigung des Treppenhauses), sind auch dann, wenn sie nicht auf Duldung der Unterlassung gerichtet sind, regelmäßig in entsprechender Anwendung des ZPO § 890 zu vollstrecken.

(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)

2. Zitierung: Entgegen OLG Hamm, 1971-10-10, 14 W 72/72, NJW 1972, 1135.

 

Tatbestand

Die Vermieterin war rechtskräftig verurteilt worden, das Treppenhaus im wöchentlichen Abstand zu säubern. Das AG Wedding wies den Antrag der Gläubiger zurück, sie gemäß § 887 ZPO zur Ersatzvornahme zu ermächtigen. Die Beschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß Dauerverpflichtungen auch dann, wenn sie nicht auf Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, in entsprechender Anwendung des § 890 ZPO zu vollstrecken sind.

Voraussetzung für eine Ermächtigung nach § 887 ZPO ist, daß der Schuldner die Verpflichtung nicht erfüllt hat und die Erfüllung der Verpflichtung noch möglich ist. Deswegen ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob eine Dauerverpflichtung nach § 887 ZPO vollstreckt werden kann (dafür: OLG Hamm, 14. Zivilsenat, NJW 1973, 1135; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 890 Rn. A II b; Thomas-Putzo, ZPO, 17. Aufl., § 890 Anm. 1 a; Schuschke, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, § 890 Rn. 4; wohl auch Baumbach-Hartmann, ZPO, 50. Aufl., § 887 Anm. 6 "Vermieter"). Nach anderer Auffassung sind Dauerverpflichtungen nach § 890 ZPO zu vollstrecken (OLG Hamm, 15. Zivilsenat, JMBlNW 1962, 196 f.; Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 890 Rn. 7; wohl auch Zöller-Stöber, ZPO, § 887 Rn. 3). Dieser Meinungsstreit kommt auch in der jüngeren Rechtsprechung der Instanzgerichte zum Ausdruck, wobei aber ein gewisser Trend zu einer Vollstreckung nach § 890 ZPO nicht zu übersehen ist (so z.B. LG Wuppertal WM 1982, 134 f.; LG Koblenz NJW-RR 1986, 506 f.; LG Bremen WM 1989, 446 f.; für § 887/888 z.B. LG Berlin, ZK 64, ZMR 1985, 343; für beide Möglichkeiten LG Kiel SchlHA 1987, 155).

Nach Auffassung der Kammer kann bei solchen Dauerverpflichtungen wegen der zukünftig fällig werdenden Leistungshandlungen keine Vollstreckung nach § 887 ZPO erfolgen, da eine Vollstreckung nach § 887 ZPO nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift voraussetzt, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht erfüllt hat. Ob der Schuldner seine Verbindlichkeit berichtigt hat, kann aber erst festgestellt werden, wenn Fälligkeit eingetreten ist (vgl. Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, 20. Aufl., § 887 Rn. 22). Eine dem § 259 ZPO entsprechende Vorschrift fehlt im Vollstreckungsrecht (OLG Hamm JMBlNW 1962, 196, 197), und auf die bloße Besorgnis, daß der Schuldner bei Fälligkeit nicht erfüllen werde, können Vollstreckungsmaßnahmen nicht gestützt werden, die in einer Ersatzvornahme bestehen. Soweit die Gläubiger allem Anschein nach eine generelle Ermächtigung begehren, die streitbefangenen Reinigungsarbeiten auf Kosten der Schuldnerin ausführen zu lassen, ist ihr Antrag schon aus diesem Grunde zurückzuweisen.

Eine Vollstreckung nach § 887 ZPO ist nur hinsichtlich der unterlassenen Einzelhandlung möglich, wenn sie trotz Fälligkeit nicht vorgenommen wurde. D.h. wenn die Schuldnerin nach Ablauf einer Woche die ihr einmal wöchentlich obliegenden Handlungen nicht vorgenommen hat, können die Gläubiger für diese vergangene Woche eine Ermächtigung zur Ersatzvornahme anstreben. Da sie selber einräumen, daß die in der in ihrem Antrag einzig konkret genannten Woche vom 24. bis zum 30. Mai 1992 auszuführenden Arbeiten durch die Tätigkeit des Herrn M. längst erledigt worden seien, können sie für diese Woche keine Ersatzvornahme mehr durchführen. Aus diesem Grunde ist ihr Antrag auch im übrigen zurückzuweisen.

Gerade dies zeigt überdeutlich auf, daß das Verfahren nach § 887 ZPO nicht geeignet ist, den Erfüllungsanspruch der Gläubiger durchzusetzen. Ein Ermächtigungsbeschluß könnte nicht ergehen, ohne der Schuldnerin jeweils rechtliches Gehör zu gewähren, so daß zu besorgen ist, daß das Vollstreckungsverfahren aus einem ständigen Wechsel von Antragstellung und Erledigungserklärung bestünde; ganz zu schweigen von der jeweiligen Rechtsmittelfähigkeit für zwei weitere Instanzen. Das Verfahren nach § 887 ZPO ist in einer solchen Konstellation einfach zu schwerfällig, um den Gläubigern einen effektiven Rechtsschutz gewährleisten zu können. Demgegenüber ist eine Vorgehensweise in entsprechender Anwendung des § 890 ZPO überlegen.

Die Vorgehensweise nach § 890 ZPO ließe sich i.ü. auch noch daraus herleiten, daß der Titel so interpretiert werden könnte, daß die Beklagte es zu unterlassen hat, die in der Urteilsformel genannten Bereiche übermäßig verschmutzen zu lassen, und durch die Formulierung der Entscheidung bloß festgelegt wird, daß dann und nur dann eine unwiderlegbare Vermutung für...

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